773. Der wandernde Hirschwirth.

[289] Mündlich.


Eine Frau aus Lohrhaupten ging einmal über Frammersbach nach Lohr. Als sie in den »Lentgrund,« ungefähr halbwegs zwischen Partenstein und Lohr gekommen war, da sah sie auf dem Stege den Hirschwirth sitzen und mit dem Kopfe wackeln, als ob ihm nicht recht wohl wäre. Es mochte so um die Morgendämmerung sein. Sie redete ihn an, da sie ihn sehr gut kannte. Er gab aber keine Antwort. Das kam ihr kurios vor, und sie eilte sich sehr und lief in das Hirschwirthshaus und sagte zu seiner Tochter: »Geht doch hinaus, und holt auf dem Stege euren Vater ab, der erfriert ja!« Die Tochter antwortete: »O schweigt doch davon, daß es nicht unter die Leute kommt, unser Vater ist gestorben!« Auch auf dem Rathhaus hat er oft rumort, und Alles drunter und drüber geschlagen. Ob er seine Gäste übel behandelt, oder als Ratsherr Unrecht verübt, oder was er sonst begangen hat, weßwegen er wandern mußte, ist mir nicht kund geworden.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 289.
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