789. Graf Eberstein.

[313] Von L. Uhland. – Lehmann Speyr. Chronik p. 344.


Zu Speier im Saale, da hebt sich ein Klingen,

Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen

Graf Eberstein

Führet den Reihn

Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.


Und als er sich schwingt nun im lustigen Reigen

Da flüstert sie leise, sie kann's nicht verschweigen:

»Graf Eberstein,

Hüte dich fein,

Heut Nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.«
[313]

Ei! denket der Graf, Euer kaiserlich Gnaden,

So habt ihr mich darum zum Tanze geladen!

Er sucht sein Roß,

Läßt seinen Troß,

Und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.


Um Ebersteins Veste, da wimmelts von Streitern,

Sie schleichen im Nebel mit Haken und Leitern,

Graf Eberstein

Grüßet sie fein,

Er wirft sie vom Wall in die Gräben hinein.


Und als der Herr Kaiser am Morgen gekommen,

Da meint er, es seie die Burg schon genommen.

Doch auf dem Wall

Tanzen mit Schall

Der Graf und seine Gewappneten all.


»Herr Kaiser! beschleicht ihr ein andermal Schlösser

Thuts Noth, ihr verstehet aufs Tanzen euch besser,

Euer Töchterlein

Tanzet so fein,

Dem soll meine Veste geöffnet sein.«


Im Schlosse des Grafen, da hebt sich ein Klingen,

Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen,

Graf Eberstein

Führet den Reihn

Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.


Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen,

Da flüstert er leise, nicht kann ers verschweigen:

Schön Jungfräulein

Hüte dich fein!

Heut Nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 313-314.
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