795. Der böse Wolfsberger.

[318] Träume und Schäume vom Rhein I., 71. Geib Reisehandbuch durch die Pfalz S. 359.


Da, wo man jetzt auf der Eisenbahn in's Neustadter Thal hineinfährt, just über dem ersten Tunnel, steht eine Ruine auf der Höhe, Schloß Wolfsberg genannt. Auf demselben saß vor viel hundert Jahren ein arger Räuber, der alle Leute plünderte, die durch das Thal zogen. Auf einer vorspringenden Felsenplatte hatte er immer eine Wache stehen, die nach Reisenden spähen mußte. Noch heute sieht man die Fußtapfen derselben im Stein, aber seltsamerweise sind es ihrer drei in einer Linie hinter einander und alle drei unmenschlich groß. Das kommt daher, weil die Menschen in der Ritterzeit halbe Riesen waren. Der schlimme Wolfsberger that auch seinen Nachbarn in der Neustadt allerlei Leids, und doch konnten sie ihm nicht beikommen, weil er sehr klug war. Schlug ja zuweilen sogar seinen Pferden die Hufeisen verkehrt auf, um die Verfolger auf falsche Spur zu bringen. Endlich legte sich die heilige Vehme in's Mittel und lud ihn vor ihren Freistuhl. Der Räuber erschien wirklich in dunkler Nacht ganz allein. Auf sein Roß aber hatte er vorsorglich einen Sack voll Erbsen geladen und diese so auf den Weg gestreut, daß man seine Spur leicht finden konnte. Seine Freunde und Knechte gingen dieser Spur nach und befreiten ihn in dem Augenblick, als er zum Tode[318] verurtheilt war und niedergestoßen werden sollte. Was später noch aus ihm geworden, weiß kein Mensch, aber die Leute meinen, der Krug werde so lang zum Brunnen gegangen sein, bis er zerbrochen sei, und der Teufel werde den Spitzbuben doch noch geholt haben.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 318-319.
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