826. Das Königskreuz.

[349] Von FranzWeiß. – (Geissel) Schlacht am Hasenbühl, Speyer 1835. G. Litzel Histor. Beschr. S. 149.


Dort bei Göllheim auf dem Felde

Schon seit langer Jahre Raum,

Von dem Blitze halb zerschlagen,

Steht ein alter Rüsterbaum.

Traurend ruht in seinem Schatten

Eines Kreuzes steinern Bild,

Drauf die Zweige, wie zum Schutze,

Sich herniederbeugen mild.


Wohl bedeutsam ist die Stätte,

Die ein solches Zeichen schmückt,

Das nur selten, wo die Freude

Sich gebettet, wird erblickt.

Ward ein Mord einst hier begangen,

Oder birget wen das Grab,

Dem des Freundes Hand ein Zeichen

Seiner treuen Liebe gab?


Glüh'nde Strahlen wirft die Sonne

Nieder in des Thales Schooß,

Wo zur Erndte reif die Saaten

Harren rüst'ger Schnitter blos.

Aber an den Hügelhängen

Hat der Herrscher Machtgebot

And're Saaten aufgepflanzet,

Deren Schnitter ist der Tod.


In dem bergumkränzten Thale,

Hei, wie braus't die laute Schlacht

Heute gilt es Kron' und Leben,

Messen will sich Macht an Macht.

Mörd'risch treffen sich die Heere,

Und in heißer Kampfesgluth,

Achten sie nicht ihrer Wunden,

Kargen nicht mit ihrem Blut.


Lange schwankt des Sieges Waage,

Immer wilder tobt der Streit;

Jeder ist zum Heldentode,

Wie zum Siege gleich bereit.

Ob auch ganze Schaaren sinken,

Hingemäht vom scharfen Schwert,

Dennoch furchtlos steh'n die Kämpfer,

Alle höchsten Ruhmes werth.


Und der Kaiser, kampfbegierig,

Sprenget vor auf hohem Roß,

Oestreichs falschen Herzog suchend

In der Streiter dichtem Troß.

»Heute wirst du nicht entrinnen,

Wie, du Feiger, oft gethan,

Reich und Leben sollst du lassen

Hier zur Stund'!« ruft er ihn an.


Und mit hochgeschwung'nem Stahle

Dringt der Kaiser auf ihn ein;

Jener steht in kalter Ruhe,

Unbekümmert um sein Dräu'n;

Hebt das Schwert zum Todesstreiche,

Der vernichtend niederfährt,

Und den todeswunden Kaiser

Niederschleudert von dem Pferd.


Mittag war's, im nahen Kloster

Schlug die Glocke zwölfmal an,

Als der hochgesinnte Kaiser

Endete die Heldenbahn.

Unter Rosseshufen liegend,

Und mit Staub und Blut bedeckt,

Ward die kaiserliche Leiche

Nach der Mordschlacht spät entdeckt.
[350]

Dort bei Göllheim auf dem Felde,

Wo geflossen Kaiserblut,

Steht ein steinern Kreuz in eines

Alten Rüsterbaumes Hut.

Schattend neigen sich die Zweige

Auf des Helden Todtenmal,

Leise schauernd, wenn des Frühlings

Lüfte wehen durch das Thal.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 349-351.
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