892. Höhlung bei Sandau.

[428] Mündlich.


Von dem ehemaligen Benediktinerkloster Sandau unterhalb dem heutigen Landsberg am Lech gelegen, welches im Jahre 954 von den Hunnen zerstört worden ist, steht keine Spur mehr, wenn nicht die Kirche des heiligen Benedikt, die an dem Platze sich erhebt, wo lange Zeit der große Markt Sandau gestanden ist, als eine solche bezeichnet werden kann. Die romantische Lage von Sandau, die ehemalige Bedeutsamkeit desselben, und die gegenwärtige Unwichtigkeit des Ortes sind vorzüglich geeignet, verschiedene Sagen im Munde des Volkes zu erhalten. Von den Burgfräulein, die man bei dem unterhalb Sandau gelegenen Schlosse, das versunken sein soll, gesehen hat, ist schon an einem andern Orte Erwähnung geschehen. Außerdem ist eine Höhlung oberhalb Sandau merkwürdig, welche so hoch war, daß ein Mann darin aufrecht gehen konnte, und[428] noch vor einem halben Jahrhunderte weit landeinwärts gegangen sein soll. Wagehälse sollen damals bisweilen den schauerlichen Ort besucht haben, weil sie hofften, Geld und Reichthümer zu finden, die dort begraben wären. Einige hätten große Kisten gesehen, welche aber von gewaltigen Hunden mit feurigen Augen bewacht worden wären. Mit größter Gefahr sind diese kühnen Leute wieder zurückgekehrt, und dann hat es lange kein Mensch mehr gewagt, die unterirdische Reise vorzunehmen. Seit einem Jahrhunderte oder länger war man der Meinung, diese Höhle sei der Ort gewesen, wo man im Schwedenkriege und zu andern unruhigen Zeiten die Schätze verborgen habe, die jetzt der Teufel bewache. Auch glaubt das Volk, daß die Höhle unter der Erde bis Penzing fortgelaufen, und ihren Ausgang in der ehemaligen Schloßkapelle daselbst gehabt habe. Einige sagen auch, daß dieser unterirdische Gang zu geheimen Gerichten (Vehmgerichten?) benützt worden sei.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 428-429.
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