900. Sagenhafte Erinnerungen aus Ortsnamen1.

[434] Mitth. von J. Dellinger nach den Pfarrarchiven von Kaufering und Türkenfeld, mündlicher Ueberlieferung, Lori Lechrain II. u. Mon. Boic. VII.


Die Rorbacher, ein adeliches Geschlecht, welches vorzüglich im dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderte in der Gegend von Landsberg begütert war, besaßen auch unweit Sandau einen Ort mit Namen Pulach. Von diesem Orte ist keine einzige Spur mehr vorhanden, aber ein Feld zwischen Penzing und Schwifting, etwa eine gute halbe Stunde von Sandau entlegen, führt noch diesen Namen, und der Weg, welcher von Kaufring nach Schwifting führt, wird allgemein Pulacher Weg genannt, weil er ehemals zunächst nach Pulach zog, ehe er das weiter entferntere Schwifting erreichte.

Kein lebender Mann denkt es mehr, daß auf dem kleinen Felde, welches zwischen Kaufring und dem Lechfelde auf mäßiger Höhe sich ausbreitete,[434] ein Hof gestanden, aber der Name Höfle sagt es den künftigen Geschlechtern, die keine Spur mehr von einer Behausung sehen können.

So ist auch im Dorfe Morenweis, zwischen Landsberg und Bruck gelegen, ein Haus, welches noch den Namen »zum Parochel« führt. Dieser Name beurkundet in der That, daß hier einmal der Pfarrhof (domus parochialis) gestanden sei.

Im selben Dorfe führt eine ganze Abtheilung von Häusern und Gärten den Namen »Pfalz.« Hier stand ehemals das Palatium der Edlen, die in frühesten Zeiten daselbst saßen, und später das Palatium der Verwalter der wessobrunischen Güter. Der Name Pfalz wird für ewige Zeiten die einstige Existenz eines solchen Palatiums bezeugen.

Die »Engelmüthen« ist ein Feld mitten im Walde zwischen Morenweis und Türkenfeld, das zu dem nahegelegenen Weiler Brandenberg gehört. Niemand weiß jemals dort eine menschliche Wohnung, den Namen aber hat der Platz bewahrt, wo einst das in alten Schriften beurkundete »Engelmuthing« stand.

So führt auch nahe bei Türkenfeld ein besonders abgegränztes Feld, in welches sich vier Grundbesitzer von Türkenfeld theilen, den Namen »Hirschenwang,« und bezeichnet den in der Geschichte von Benediktbeuern so oft beurkundeten Ort Irsenwang oder Hirschenwang, von dem aber keine andere Spur mehr, als dieser Name vorhanden ist. Die Bewohner dieses Ortes haben sich in schweren Zeiten nach Türkenfeld übergesiedelt, und ihre Besitzungen an die Häuser gebracht, in welchen sie sich niedergelassen hatten.

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Einige Belege, wie lebende Volkstradition auch dem Geschichtsforscher Anhalte bietet.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 434-435.
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