928. Das Bergfräulein auf dem Karlstein.

[459] L. Steub a.a.O. S. 171.


Auf dem Karlstein bei Reichenhall ist vor alten Zeiten ein schönes Fräulein aufgewachsen, Gisela mit Namen, die der Vater einem fremden Rittersmann zur Ehe geben wollte, weil ihm dieser einmal auswärts einen Dienst erwiesen. Das Fräulein hatte aber einen Herrn aus der Gegend lieb, und da der Vater gleichwohl hartnäckig auf jener Heirath bestund, so stürzte sich die Unglückliche am Hochzeittage über den Burgfelsen herab. Seit der Zeit ist es nicht mehr geheuer auf der Burg. Als noch der alte Ferchl Holzschaffner war und im Jägerhaus unter dem Karlstein wohnte,[459] fand er jedesmal, so oft er in die Burg hinauf kam, einen Rupertigroschen. Den durft' er zwar aufheben, aber sobald er ihn aufgehoben, mußte er sich ungesäumt davon machen. Zuerst begann es nämlich Sand auf ihn zu werfen, dann flogen kleine Steine, und dann immer größere und größere, so daß es ihm oftmals lebensgefährlich bedünkte, obgleich er nie getroffen wurde. Auch das Burgfräulein wird hie und da noch gesehen.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 459-460.
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