12. Die Belagerung des Grubenhagen.

[11] Als der Landgraf von Hessen den Herzog auf dem Grubenhagen[11] belagerte, hatte sich sein Kriegsvolk vor dem Rotenkirchenschen Berge gelagert, und noch jetzt wird die Stelle gezeigt, wo während der Belagerung für den Landgrafen gekocht wurde, und wo es viel besser wächst, als an allen andern Orten in der Feldmark. Dieser Platz wird noch heute die Landgrafenküche (Landgrâwenköke) genannt. Allmählich waren nun denen in der Burg die Lebensmittel ausgegangen, und der Mangel wurde zuletzt so groß, daß sie nur noch ein einziges Zuchtschwein (Söge) hatten, welches sie aber nicht schlachteten, wohl aber alle Tage mehrmals schreien ließen, um so die Belagerer glauben zu machen, es würden noch täglich in der Burg Schweine geschlachtet, und es wären also noch reichlich Lebensmittel vorhanden, und sie dadurch zum Abzuge zu bewegen. Doch der Landgraf hob die Belagerung nicht auf, und so sahen sich die Belagerten endlich genöthigt sich zu ergeben. Da bat die Herzogin den Landgrafen, er möge ihr gewähren mit dem frei abzuziehen, was sie im Tragkorbe mitnehmen könne. Dieser gewährte auch ihre Bitte, sie aber nahm ihren Gemahl in den Tragkorb und zog mit ihm ab. Die anderen mußten sich aber ergeben und so ward die Burg gewonnen.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 11-12.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.