131. Die weiße Jungfrau in Rengershausen.

[103] Vor zwei Jahren ließ sich gerade am Johannistage Mittags zwischen 11 und 12 Uhr die weiße Jungfrau in Rengershausen »auf Thielens Hofe« sehen. Sie hatte eine goldene schanne (Tragholz) auf den Schultern, woran auf jeder Seite ein goldener[103] Eimer hing, und hielt einen goldenen Schlüssel in der Hand. Zu einem jungen Schäfer, dem sie erschien, sprach sie, er könne sie erlösen, und bot ihm dreimal den goldenen Schlüssel an; doch alle drei Mal wies ihn dieser zurück. Da schrie die Jungfrau mit furchtbarer Stimme auf, und sagte, nun werde erst wieder in 25 Jahren einer geboren, der sie erlösen könne. Darnach verschwand sie. Der Schäfer lebt noch jetzt.

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Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 103-104.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.