1.

[150] Vier Hünen, von denen einer blind war, wollten aus dem Dorfe Volksen die Kirche wegtragen, welche sie zu dem Ende auf zwei große und dicke Bäume gestellt hatten; zwei gingen vorn, zwei hinten. Als sie nun auf dem Wege nach Rittierode an die Leine kamen, sagten die andern zu dem blinden: tret en betgen wîe, hier is‘ne kleine rîe (tritt ein bischen weit aus, hier ist eine kleine Rinne). Dieser trat aber dennoch fehl, glitt aus, fiel in die Leine und ertrank. Dabei war auch die Kirche ins Schwanken gekommen und die Glocke aus dem Thurme heraus geflogen. Die Stelle, wo die Glocke niedergefallen und in die Erde versunken ist, wird noch jetzt gezeigt. Die drei andern Hünen trugen dann die Kirche noch eine Strecke weiter; da ihnen aber jetzt das Tragen schwerer wurde, so beschlossen sie erst einmal zu rasten (resten). Sie thaten dieß; als sie aber mit der Kirche wieder weiter wollten, konnten sie dieselbe nicht mehr von der Stelle schaffen und musten sie so stehen lassen. Das ist nun die Kapelle in Rittierode; das Dorf aber, welches bei der Kapelle entstand, erhielt, weil die Hünen da gerastet (erestet) hatten, den Namen Resterode, woraus durch Dehnung allmählich der jetzige Namen Rittierode geworden ist.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 150.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.