176. Das seltsame Wirthshaus.

[160] Kuventhal hat Anfangs nur aus fünf Häusern bestanden; eins von diesen fünf ist das jetzige Wirthshaus gewesen, ein anderes die Mühle, welche nur durch den Fahrweg davon getrennt ist. Vor langer Zeit will einst ein Tagelöhner Nachts zur Mühle gehn, um da zu dreschen. Wie er über den Steg schreitet, sieht er das ganze Wirthshaus so hell erleuchtet, als wenn es eine feurige Kohle wäre. Doch er ist ein beherzter Mann und geht also furchtlos darauf zu. Als er davor kommt, treten zwei[160] Männer heraus; er stutzt und bleibt stehen. Sie fragen ihn, ob er nicht Lust habe in ihre Gesellschaft zu treten; sie selbst wären unsterblich, wünschten aber auch Sterbliche dabei zu haben. Wenn er als Sterblicher eintreten wolle, so solle er von jetzt an so viel Reichthum haben, wie er sich nur wünsche, doch müsten die Seinigen mit eintreten. Der Mann weiß nicht, was er antworten soll; die beiden aber laden ihn ein mit ins Haus zu gehn und sich da die Sache weiter zu überlegen. Er geht bis vor die Hausthür; da stehn auf der Hausflur allerlei seltsame Geschöpfe, Menschen und Thiere. Noch immer weigert er sich einzutreten, da kommt noch ein dritter von furchtbarer Größe zu ihm heraus, um ihn vollends zu bestimmen; doch als er diesen erblickt, sinkt er ohnmächtig nieder.

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Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 160-161.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.