247. Erzähle keinen Traum.

[238] In einer Nacht träumte der Frau eines Bergmanns, ihr Mann stürze in die Grube und komme um. Beim Aufstehen erzählt sie ihrem Manne den Traum; dieser fuhr aber dennoch an. Einige Stunden darauf erhielt die Frau die Nachricht, daß ihr Mann in der Grube umgekommen sei, und bald nachher ward ihr auch die Leiche desselben ganz zerschmettert ins Haus getragen. In der nächsten Nacht erscheint der Umgekommene seiner Frau in leibhaftiger Gestalt und steht vor ihrem Bette. Diese erschrickt gewaltig, doch er spricht zu ihr, sie möge ruhig sein und wohl aufmerken; denn er habe ihr ein ernstes Wort zu sagen. Darauf spricht er folgendes:


Erzähle keinen Traum,

Und schäle keinen Baum,

Und röste kein Brot,

So wird Gott helfen in aller Noth.

Hättest du deinen Traum verschwiegen,

So wäre dir dein Mann geblieben.


Damit verschwand er und erschien nicht wieder.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 238.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.