49. Der Rohrbeck.

[32] Einst kamen zwei Nonnen nach Einbeck und baten sie aufzunehmen und bis zu ihrem Tode zu unterhalten; dafür wollten sie der Stadt den Zehnten im Benser Felde, Pinkler Felde, im halben Reinser Thal u.s.w., mit einem Worte in der ganzen Feldmark bis nach Rothenkirchen hin schenken. Allein die Einbecker wiesen sie ab und so gingen sie nach Rothenkirchen, um dort ihre Bitte und ihren Antrag vorzubringen. Unterdessen hatten sich die Einbecker die Sache nochmals überlegt und sich kurz entschlossen die Nonnen aufzunehmen. Sie eilten ihnen also nach und holten sie auch noch auf dem Wege nach Rothenkirchen ein; jetzt wollten aber die Nonnen ihrer Einladung nicht folgen, sondern setzten ihren Weg nach dem Dorfe Rothenkirchen fort, dem sie[32] den ganzen Zehnten schenkten, wofür sie bis zu ihrem Tode unterhalten wurden. Den Einbeckern schenkten sie aber für ihren guten Willen den sog. Rohrbeck, einen Anger, der zwei Jahre abgemäht, im dritten aber abgehütet wird.

Nach einer andern Sage hatte der Rohrbeck einer Nonne gehört. Diese hatte sich gegen die Gemeinde Odagsen erboten ihr den Anger zu schenken, wenn diese sich dagegen verpflichtete sie bis zu ihrem Tode zu unterhalten. Da die Odagser auf das Anerbieten der Nonne nicht eingingen, so wandte sich diese nach Einbeck und schenkte den Anger der Stadt, von der sie auch bis zu ihrem Tode ernährt wurde.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 32-33.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.