91. Der Wassermann und der Bär.

[65] Ein Bärenzieher, der einen Bären für Geld sehen ließ, kam mit diesem einst zu einer Mühle und bat den Müller ihn mit seinem Thiere über Nacht zu behalten. Der Müller schlug es ab und sagte, es spuke in der Mühle; der Bärenzieher sagte aber, er wolle mit dem Spuk schon fertig werden. Da erlaubte es der Müller, ließ eine Stube heizen und ein Strohlager hinter dem Ofen herrichten. Darauf legte sich der Bärenzieher; der Bär aber kroch unter den Tisch. Als es Nacht geworden war, da trat zwischen 11 und 12 Uhr ein Wassermann in die Stube, der in jeder Hand eine Schüssel mit Fischen hielt. Als er hinaus ging, um sich Oel zu holen, worin er die Fische braten wollte, erblickte er den Mann hinter dem Ofen. Sogleich holte er ein Beil und wollte dem Manne den Kopf abhauen, doch in diesem Augenblicke sprang der Bär unter dem Tische hervor, faßte den Wassermann und warf ihn hoch in die Luft. Da lief der Wassermann eilig fort; die Fische in der Schüssel aber wurden von dem Bären aufgefressen.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 65-66.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.