Erster Auftritt

[733] Fiesco kommt gewaffnet und bleibt vor dem Palast des Andreas.

Doria stehen, darauf Andreas.


FIESCO. Der Alte hat Wort gehalten – im Palast alle Lichter aus. Die Wachen sind fort. Ich will läuten. Läutet. He! Holla! Wach auf, Doria! Verratner, verkaufter Doria, wach auf! Holla! Holla! Holla! Wach auf.

ANDREAS erscheint auf der Altane. Wer zog die Glocke?

FIESCO mit veränderter Stimme. Frage nicht. Folge. Dein Stern geht unter, Herzog, Genua steht auf wider dich; nahe sind deine Henker, und du kannst schlafen, Andreas?

ANDREAS mit Ehre. Ich besinne mich, wie die zürnende See mit[733] meiner Bellona zankte, daß der Kiel krachte und der oberste Mast brach – und Andreas Doria schlief sanft. Wer schickt die Henker?

FIESCO. Ein Mann, furchtbarer als deine zürnende See. Johann Ludwig Fiesco.

ANDREAS lacht. Du bist bei Laune, Freund. Bring deine Schwänke bei Tag. Mitternacht ist eine ungewöhnliche Stunde.

FIESCO. Du höhnst deinen Warner?

ANDREAS. Ich dank ihm und geh zu Bette. Fiesco hat sich schläfrig geschwelgt, und hat keine Zeit für Doria übrig.

FIESCO. Unglücklicher alter Mann – traue der Schlange nicht. Sieben Fraben ringen auf ihrem spiegelnden Rücken – du nahst – und gählings schnürt dich der tödliche Wirbel. Den Wink eines Verräters verlachtest du. Verlache den Rat eines Freunds nicht. Ein Pferd steht gesattelt in deinem Hof. Fliehe beizeit. Verlache den Freund nicht.

ANDREAS. Fiesco denkt edel. Ich hab ihn niemal beleidigt, und Fiesco verrät mich nicht.

FIESCO. Denkt edel, verrät dich, und gab dir Proben von beidem.

ANDREAS. So steht eine Leibwache da, die kein Fiesco zu Boden wirft, wenn nicht Cherubim unter ihm dienen.

FIESCO hämisch. Ich möchte sie sprechen, einen Brief in die Ewigkeit zu bestellen.

ANDREAS groß. Armer Spötter! Hast du nie gehört, daß Andreas Doria achtzig alt ist, und Genua – glücklich? Er verläßt die Altane.

FIESCO blickt ihm erstaunt nach. Mußt ich diesen Mann erst stürzen, eh ich lerne, daß es schwerer ist, ihm zu gleichen? Er geht einige Schritte tiefsinnig auf und nieder. Nun! ich machte Größe mit Größe wett – wir sind fertig, Andreas; und nun, Verderben, gehe deinen Gang. Er eilt in die hinterste Gasse – Trommeln tönen von allen Enden. Scharfes Gefecht am Thomastor. Das Tor wird gesprengt und öffnet die Aussicht in den Hafen, worin Schiffe liegen, mit Fackeln erleuchtet.[734]


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 1, München 31962, S. 733-735.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
Schillers sämtliche Werke: Band II. Die Räuber. Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Kabale und Liebe. Der Menschenfeind
Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
Die Verschwörung Des Fiesco Zu Genua
Königs Erläuterungen und Materialien, Bd.23: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua