Erster Auftritt


[44] König Philipp unter einem Thronhimmel. Herzog von Alba in einiger Entfernung von dem König, mit bedecktem Haupt. Carlos.


CARLOS.

Den Vortritt hat das Königreich. Sehr gerne

Steht Carlos dem Minister nach. Er spricht

Für Spanien – ich bin der Sohn des Hauses.


Er tritt mit einer Verbeugung zurück.


PHILIPP.

Der Herzog bleibt, und der Infant mag reden.

CARLOS sich gegen Alba wendend.

So muß ich denn von Ihrer Großmut, Herzog,

Den König mir als ein Geschenk erbitten.

Ein Kind – Sie wissen ja – kann mancherlei

An seinen Vater auf dem Herzen tragen,

Das nicht für einen Dritten taugt. Der König[44]

Soll Ihnen unbenommen sein – ich will

Den Vater nur für diese kurze Stunde.

PHILIPP.

Hier steht sein Freund.

CARLOS.

Hab ich es auch verdient,

Den meinigen im Herzog zu vermuten?

PHILIPP.

Auch je verdienen mögen? – Mir gefallen

Die Söhne nicht, die beßre Wahlen treffen

Als ihre Väter.

CARLOS.

Kann der Ritterstolz

Des Herzogs Alba diesen Auftritt hören?

So wahr ich lebe, den Zudringlichen,

Der zwischen Sohn und Vater, unberufen

Sich einzudrängen nicht errötet, der

In seines Nichts durchbohrendem Gefühle

So dazustehen sich verdammt, möcht ich

Bei Gott – und gälts ein Diadem – nicht spielen.

PHILIPP verläßt seinen Sitz mit einem zornigen Blick auf den Prinzen.

Entfernt Euch, Herzog!


Dieser geht nach der Haupttüre, durch welche Carlos gekommen war; der König winkt ihm nach einer andern.


Nein, ins Kabinett,

Bis ich Euch rufe.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 44-45.
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