[86] Die Prinzessin. Herzog Alba. Domingo.
DOMINGO der den Herzog hereinführt.
Unsre Nachricht, Herzog Alba,
Kommt hier zu spät. Die Fürstin Eboli
Entdeckt uns ein Geheimnis, das sie eben
Von uns erfahren sollte.
ALBA.
Mein Besuch
Wird dann um so viel minder sie befremden.
Ich traue meinen Augen nicht. Dergleichen
Entdeckungen verlangen Weiberblicke.
PRINZESSIN.
Sie sprechen von Entdeckungen? –
DOMINGO.
Wir wünschten
Zu wissen, gnädge Fürstin, welchen Ort
Und welche beßre Stunde Sie –
PRINZESSIN.
Auch das!
So will ich morgen mittag Sie erwarten.
Ich habe Gründe, dieses strafbare
Geheimnis länger nicht zu bergen – es
Nicht länger mehr dem König zu entziehn.
ALBA.
Das war es, was mich hergeführt. Sogleich
Muß der Monarch es wissen. Und durch Sie,
Durch Sie, Prinzessin, muß er das. Wem sonst,
Wem sollt er lieber glauben als der strengen,
Der wachsamen Gespielin seines Weibes?
DOMINGO.
Wem mehr als Ihnen, die, sobald sie will,
Ihn unumschränkt beherrschen kann?
ALBA.
Ich bin
Erklärter Feind des Prinzen.[86]
DOMINGO.
Eben das
Ist man gewohnt, von mir vorauszusetzen.
Die Fürstin Eboli ist frei. Wo wir
Verstummen müssen, zwingen Pflichten Sie
Zu reden, Pflichten Ihres Amts. Der König
Entflieht uns nicht, wenn Ihre Winke wirken,
Und dann vollenden wir das Werk.
ALBA.
Doch bald,
Gleich jetzt muß das geschehn. Die Augenblicke
Sind kostbar. Jede nächste Stunde kann
Mir den Befehl zum Abmarsch bringen. –
DOMINGO sich nach einigem Überlegen zur Fürstin kehrend.
Ob
Sich Briefe finden ließen? Briefe freilich
Von dem Infanten, aufgefangen, müßten
Hier Wirkung tun. – Laß sehen. – Nicht wahr? – Ja.
Sie schlafen doch – so deucht mir – in demselben
Gemache mit der Königin?
PRINZESSIN.
Zunächst
An diesem. – Doch was soll mir das?
DOMINGO.
Wer sich
Auf Schlösser gut verstände! – Haben Sie
Bemerkt, wo sie den Schlüssel zur Schatulle
Gewöhnlich zu bewahren pflegt?
PRINZESSIN nachdenkend.
Das könnte
Zu etwas führen. – Ja – der Schlüssel wäre
Zu finden, denk ich. –
DOMINGO.
Briefe wollen Boten – –
Der Königin Gefolg ist groß. – – Wer hier
Auf eine Spur geraten könnte! – – Gold
Vermag zwar viel –
ALBA.
Hat niemand wahrgenommen,
Ob der Infant Vertraute hat?
DOMINGO.
Nicht einen,
In ganz Madrid nicht einen.
ALBA.
Das ist seltsam.[87]
DOMINGO.
Das dürfen Sie mir glauben. Er verachtet
Den ganzen Hof; ich habe meine Proben.
ALBA.
Doch wie? Hier eben fällt mir ein, als ich
Von dem Gemach der Königin herauskam,
Stand der Infant bei einem ihrer Pagen;
Sie sprachen heimlich –
PRINZESSIN rasch einfallend.
Nicht doch, nein! Das war –
Das war von etwas anderm.
DOMINGO.
Können wir
Das wissen? – Nein, der Umstand ist verdächtig. –
Zum Herzog.
Und kannten Sie den Pagen?
PRINZESSIN.
Kinderpossen!
Was wirds auch sonst gewesen sein? Genug,
Ich kenne das. – Wir sehn uns also wieder,
Eh ich den König spreche. – Unterdessen
Entdeckt sich viel.
DOMINGO sie auf die Seite führend.
Und der Monarch darf hoffen?
Ich darf es ihm verkündigen? Gewiß?
Und welche schöne Stunde seinen Wünschen
Erfüllung endlich bringen wird? Auch dies?
PRINZESSIN.
In eingen Tagen werd ich krank; man trennt mich
Von der Person der Königin – das ist
An unserm Hofe Sitte, wie Sie wissen.
Ich bleibe dann auf meinem Zimmer.
DOMINGO.
Glücklich!
Gewonnen ist das große Spiel. Trotz sei
Geboten allen Königinnen –
PRINZESSIN.
Horch!
Man fragt nach mir – die Königin verlangt mich.
Auf Wiedersehen!
Sie eilt ab.[88]
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