Vierzehnter Auftritt


[159] Die Königin. Alba. Domingo.


ALBA.

Wenn uns vergönnt ist, große Königin –

KÖNIGIN.

Was steht zu Ihren Diensten?

DOMINGO.

Redliche Besorgnis

Für Ihrer Königlichen Majestät

Erhabene Person erlaubt uns nicht,[159]

Bei einem Vorfall müßig stillzuschweigen,

Der Ihre Sicherheit bedroht.

ALBA.

Wir eilen,

Durch unsre zeitge Warnung ein Komplott,

Das wider Sie gespielt wird, zu entkräften –

DOMINGO.

Und unsern Eifer – unsre Dienste zu

Den Füßen Ihrer Majestät zu legen.

KÖNIGIN sieht sie verwundernd an.

Hochwürdger Herr, und Sie, mein edler Herzog,

Sie überraschen mich wahrhaftig. Solcher

Ergebenheit war ich mir von Domingo

Und Herzog Alba wirklich nicht vermutend.

Ich weiß, wie ich sie schätzen muß – Sie nennen

Mir ein Komplott, das mich bedrohen soll.

Darf ich erfahren, wer – –

ALBA.

Wir bitten Sie,

Vor einem Marquis Posa sich zu hüten,

Der für des Königs Majestät geheime

Geschäfte führt.

KÖNIGIN.

Ich höre mit Vergnügen,

Daß der Monarch so gut gewählt. Den Marquis

Hat man mir längst als einen guten Menschen,

Als einen großen Mann gerühmt. Nie ward

Die höchste Gunst gerechter ausgeteilt –

DOMINGO.

Gerechter ausgeteilt? Wir wissens besser.

ALBA.

Es ist längst kein Geheimnis mehr, wozu

Sich dieser Mensch gebrauchen lassen.

KÖNIGIN.

Wie?

Was wär denn das? Sie spannen meine ganze

Erwartung.

DOMINGO.

– Ist es schon von lange,

Daß Ihre Majestät zum letztenmal in Ihrer

Schatulle nachgesehen?

KÖNIGIN.

Wie?

DOMINGO.

Und haben

Sie nichts darin vermißt von Kostbarkeiten?[160]

KÖNIGIN.

Wieso? Warum? Was ich vermisse, weiß

Mein ganzer Hof- Doch Marquis Posa? Wie

Kommt Marquis Posa damit in Verbindung?

ALBA.

Sehr nahe, Ihre Majestät – denn auch

Dem Prinzen fehlen wichtige Papiere,

Die in des Königs Händen diesen Morgen

Gesehen worden – als der Chevalier

Geheime Audienz gehabt.

KÖNIGIN nach einigem Nachdenken.

Seltsam,

Bei Gott! und äußerst sonderbar! – Ich finde

Hier einen Feind, von dem mir nie geträumt,

Und wiederum zwei Freunde, die ich nie besessen

Zu haben mich entsinnen kann – Denn wirklich


Indem sie einen durchdringenden Blick auf beide heftet.


Muß ich gestehn, ich war schon in Gefahr,

Den schlimmen Dienst, der mir bei meinem Herrn

Geleistet worden – Ihnen zu vergeben.

ALBA.

Uns?

KÖNIGIN.

Ihnen.

DOMINGO.

Herzog Alba! Uns!

KÖNIGIN noch immer die Augen fest auf sie gerichtet.

Wie lieb

Ist es mir also, meiner Übereilung

So bald gewahrzuwerden – Ohnehin

Hatt ich beschlossen, Seine Majestät

Noch heut zu bitten, meinen Kläger mir

Zu stellen. Um so besser nun! So kann ich

Auf Herzog Albas Zeugnis mich berufen.

ALBA.

Auf mich? Das wollten Sie im Ernst?

KÖNIGIN.

Warum nicht?

DOMINGO.

Um alle Dienste zu entkräften, die

Wir Ihnen im verborgnen –

KÖNIGIN.

Im verborgnen?


Mit Stolz und Ernst.


Ich wünschte doch zu wissen, Herzog Alba,[161]

Was Ihres Königs Frau mit Ihnen, oder

Mit Ihnen, Priester, abzureden hätte,

Das ihr Gemahl nicht wissen darf – Bin ich

Unschuldig oder schuldig?

DOMINGO.

Welche Frage!

ALBA.

Doch, wenn der König so gerecht nicht wäre?

Es jetzt zum mindesten nicht wäre?

KÖNIGIN.

Dann

Muß ich erwarten, bis ers wird – Wohl dem,

Der zu gewinnen hat, wenn ers geworden!


Sie macht ihnen eine Verbeugung und geht ab; jene entfernen, sich nach einer andern Seite.


Zimmer der Prinzessin von Eboli.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 159-162.
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