Sechszehnter Auftritt


[164] Die Vorigen. Marquis von Posa stürzt herein, hinter ihm zwei Offiziere der königlichen Leibwache.


MARQUIS atemlos, außer sich dazwischentretend.

Was hat er

Gestanden? Glauben Sie ihm nicht.

CARLOS noch auf den Knien, mit erhobner Stimme.

Bei allem,

Was heilig –

MARQUIS unterbricht ihn mit Heftigkeit.

Er ist rasend. Hören Sie

Den Rasenden nicht an.

CARLOS lauter, dringender.

Es gilt um Tod

Und Leben. Führen Sie mich zu ihr.

MARQUIS zieht die Prinzessin mit Gewalt von ihm.

Ich

Ermorde Sie, wenn Sie ihn hören.


Zu einem von den Offizieren.


Graf

Von Cordua. Im Namen des Monarchen.


Er zeigt den Verhaftsbefehl.


Der Prinz ist Ihr Gefangener.


Carlos steht erstarrt, wie vom Donner gerührt. Die Prinzessin stößt einen Laut des Schreckens aus und will fliehen, die Offiziere erstaunen. Eine lange und tiefe Pause. Man sieht den Marquis sehr heftig zittern und mit Mühe seine Fassung behalten. Zum Prinzen.


Ich bitte

Um Ihren Degen – Fürstin Eboli,

Sie bleiben; und


Zu dem Offizier.


Sie haften mir dafür,

Daß Seine Hoheit niemand spreche – niemand –

Sie selbst nicht, bei Gefahr des Kopfs!


Er spricht noch einiges leise mit dem Offizier, darauf wendet er sich zum andern.


Ich werfe

Sogleich mich selbst zu des Monarchen Füßen,

Ihm Rechenschaft zu geben –


[164] Zu Carlos.


Und auch Ihnen –

Erwarten Sie mich, Prinz – in einer Stunde.


Carlos läßt sich ohne Zeichen des Bewußtseins hinwegführen. – Nur im Vorübergehen läßt er einen matten, sterbenden Blick auf den Marquis fallen, der sein Gesicht verhüllt. Die Prinzessin versucht es noch einmal zu entfliehen; der Marquis führt sie beim Arme zurück.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 164-165.
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