Graf Eberhard der Greiner von Wirtemberg

[108] Kriegslied


Ihr – ihr dort außen in der Welt,

Die Nasen eingespannt!

Auch manchen Mann, auch manchen Held,

Im Frieden gut, und stark im Feld,

Gebar das Schwabenland.


Prahlt nur mit Karl und Eduard,

Mit Friedrich, Ludewig.

Karl, Friedrich, Ludwig, Eduard

Ist uns der Graf, der Eberhard,

Ein Wettersturm im Krieg.


Und auch sein Bub, der Ulerich,

War gern, wo's eisern klang;

Des Grafen Bub, der Ulerich,

Kein Fußbreit rückwärts zog er sich,

Wenns drauf und drunter sprang.


Die Reutlinger, auf unsern Glanz

Erbittert, kochten Gift,

Und buhlten um den Siegeskranz

Und wagten manchen Schwertertanz

Und gürteten die Hüft –


Er griff sie an – und siegte nicht,

Und kam gepantscht nach Haus,

Der Vater schnitt ein falsch Gesicht,

Der junge Kriegsmann floh das Licht,

Und Tränen drangen raus.[108]


Das wurmt ihm – Ha! ihr Schurken, wart'!

Und trugs in seinem Kopf.

Auswetzen, bei des Vaters Bart!

Auswetzen wollt er diese Schart

Mit manchem Städtlerschopf.


Und Fehd entbrannte bald darauf,

Und zogen Roß und Mann

Bei Döffingen mit hellem Hauf,

Und heller gings dem Junker auf,

Und hurra! heiß gings an.


Und unsers Heeres Losungswort

War die verlorne Schlacht;

Das riß uns wie die Windsbraut fort

Und schmiß uns tief in Blut und Mord

Und in die Lanzennacht.


Der junge Graf voll Löwengrimm

Schwung seinen Heldenstab,

Wild vor ihm ging das Ungestüm,

Geheul und Winseln hinter ihm,

Und um ihn her das Grab.


Doch weh! ach weh! ein Säbelhieb

Sunk schwer auf sein Genick,

Schnell um ihn her der Helden Trieb,

Umsonst! umsonst! erstarret blieb

Und sterbend brach sein Blick.


Bestürzung hemmt des Sieges Bahn,

Laut weinte Feind und Freund –

Hoch führt der Graf die Reuter an:

Mein Sohn ist wie ein andrer Mann!

Marsch, Kinder! In den Feind!


Und Lanzen sausen feuriger,

Die Rache spornt sie all,[109]

Rasch über Leichen gings daher,

Die Städtler laufen kreuz und quer

Durch Wald und Berg und Tal.


Und zogen wir mit Hörnerklang

Ins Lager froh zurück,

Und Weib und Kind im Rundgesang

Beim Walzer und beim Becherklang

Lustfeiern unser Glück.


Doch unser Graf – was tät er itzt? –

Vor ihm der tote Sohn.

Allein in seinem Zelte sitzt

Der Graf, und eine Träne blitzt

Im Aug auf seinen Sohn.


Drum hangen wir so treu und warm

Am Grafen, unserm Herrn.

Allein ist er ein Heldenschwarm,

Der Donner rast in seinem Arm,

Er ist des Landes Stern.


Drum ihr dort außen in der Welt,

Die Nasen eingespannt,

Auch manchen Mann, auch manchen Held,

Im Frieden gut und stark im Feld,

Gebar das Schwabenland.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 1, München 31962, S. 108-110.
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