Zehnter Auftritt.

[53] Zwei Türken.

Immer noch Sturm und Regen.


DER ERSTE TÜRKE.

Ei Zeter, das regnet, ei Zeter, das blizt,

Die Bäum' sind zerschlagen, die Erde zerrizt;

Das war ein Geprassel, der Donner thät knallen:

Als wollte der ganze Himmel 'rabfallen.

Wir pflegten indessen, Herr Bruder, gar eben,

Ein rechtes, ächtes, epikurisches Leben.

Leerten die Flaschen Tokaier aus,

Machten uns keinen Pfifferling draus:

Ob's donnert' und blizte? – wir zechten flott

Obgleich unser Prophet den Wein uns verbot.

Denn da der Himmel sich zu wölken begunte,

Herr Mahomet unser Zechen nicht sehen kunte.

Doch sag mir, Herr Bruder, warum gingen wir 'raus?

Sezen uns Sturm und Regen aus,

Und schrumpfen zusammen als wie 'ne Laus.

Könnten so ruhig im Schiffe sizen

Und hübsch den Wein aus den Flaschen stipizen,

Und gehn da herraus, und wissen nicht warum? –

DER ZWEITE TÜRKE.

Nimm mir's nicht übel Herr Bruder, bist dumm.

Hast denn Dein Tag kein historisch Schauspiel gelesen?[54]

Bist nicht in so 'ner Komödie gewesen?

Zeigt allemal große Schnellkraft an

Ohne alle Absicht reden und handeln

Ins Gelag 'nein leben, und blindlings hinwandeln –

Und alles beginnen ohne Plan.

Da kommen Dir oft die Helden daher,

Weiß keine Seele warum, und woher?

Genug der Poet hat sie vonnöthen.

Und wenn sie der braucht, so gehts keinen was an,

Ob sie ohn' Ursach sich balgen oder tödten.


Wird Hanswurst und Frau Knips in ihrer kritischen Lage gewahr.


Doch sieh einmal da – Ei Sapperment

'Ne hübsche Gruppe! beim Element!

Ein schönes Spektakel, bei meinem Leben!

Sehn Sie nicht aus, als hätten Sie eben

Das Thier mit dem doppelten Rükken gemacht.6[55]

ERSTER TÜRKE.

Der Kerl ist Dir nicht übel gemacht

Und's Weibesbild ist auch gar fein,

Das würd' ein Bissen für'n Sultan seyn.

Aber was Teufel? schlafen sie, oder sind sie todt?

'S rührt sich ja keiner, ei Schwerenoth

Die haben des Guten so sehr genossen:

Daß alles Leben mit weggeflossen.

Doch horcht: das Herz schlägt beiden noch!

Komm pakt sie auf, wir wollen 's doch

Mit auf unser Schiff nehmen das werthe Paar.


Indem er das Weib auflädt.


Das Weib ist ein hübscher Bissen, fürwahr!


Gehn ab.


Quelle:
Johann Friedrich Schink: Marionettentheater. Heidelberg 1925, S. 53-56.
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