Das 12. Capitel.
Die Eltern sollen ihren Kindern nicht selbst Klappern kauffen / sondern von frembden Leuten verehren lassen / sonst lernen sie langsam und schwer reden.

[34] O unvergleichliche Philosophia colus! Was vor herrliche Wissenschafften werden durch dich an das Licht gebracht! Wie nervös und subtil dieses von denen klugen Weibern ausgesonnen sey, will ich einem ieden zu bedencken anheim geben; Ich vor meine Person glaube, daß solcher Verstand nicht so schlechterdings bey denen Weibern erstanden sey, sondern die Weißheit derer[34] alten Kinder-Mägde mag wohl auch einigen Beytrag mit darzu gethan haben. Denn so ich der Sache recht sehr tieff nachsinne, so finde ich gleichwohl diese Dinge gedruckt, in einem uhralten, und in Egypten zu erst erfundenen Buche, wie nehmlich die Klappern mit der Menschen Rede eine sonderliche Verwandschafft haben mögen, und wie eines mit dem andern könne verglichen werden, wenn nehmlich in dem also genannten Glücksrädlein / fol. 91. N. 8. eine Antwort auf die Frage einer Manns-Person / was vor ein Weib er kriege? enthalten ist, also lautende: Eine Klapper-Büchse ist dir wohl einmahl bescheret. Das ist so viel gesagt: als, ein Weib, das gut Mundwerck hat, wird dir einmahl zu theil werden. Wer hieran einen Zweifel hat, der nehme ein Glücksrädlein, schlage diese Frage auf, und werffe mit 2. Würffeln hierauf 8. Augen, so wird ihme solche Antwort werden. Also haben die lieben Weiber aus dem Glücksrädlein / und solcher gestalt mit bewehrten Autoren bewiesen, daß eine Klapper oder Klapper-Büchse und die Rede eines Menschen, bey nahe ein Ding seyn. Nun wolle man demnach der Sache recht nachsinnen, so wird sich finden, daß nicht ohne Bedacht vor gut erkannt wird, daß ein Frembder denen Kindern die Klappern gebe, daß dieselbigen desto eher reden lernen. Denn wenn die Kinder anderer Leute Sprachen, die offt zierlicher (& vice versa auch offt garstiger) sind / als der Eltern ihre, lernen, so fehlet es ihnen nicht an reden, und also haben die Weiber recht geglaubt.[35] Aber / o ihr guten klugen Taschen! ich gebe euch doch nicht rechten Beyfall; denn euer unbewehrtes Glücksrädlein redet nicht von höltzern oder andern materialischen Klappern, sondern von fleischernen oder Maul-Trommeln. Ihr möget demnach euren Kindern Klappern aus Welschland, Pohlen, Franckreich, Moscau oder Türckey, holen lassen, und ihnen Tag und Nacht vorklappern, so werden sie doch nicht eher reden lernen, als wenn ihr ihnen selbst eine kaufft, und gebrauchet darneben eure Zungen-Klapper fleissig, ihnen damit was herzuklappern, biß sie nach Art der Papogeyen auch nachklappern. Ausser dem wird aus keiner Klapper eine Sprache erwachsen, das glaubbt, wenn es gleich nicht in Glücksrädlein stehet.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 34-36.
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