Das 14. Capitel.
Wenn man verreiset / oder sonst um ein- oder anderer Verrichtung halber aus dem Hause gehet / und vergisset etwas / soll man nicht wieder umkehren /sondern soll lieber das vergessene durch iemand anders nachbringen / oder holen lassen.

[37] Die Frage ist: Warum dieses geschehe? Antwort: Es ist nicht gut, und gehet einem auf dem Wege nicht wohl, es gehen auch sonst alle vorhabende Verrichtungen hinter sich. Dieses mag glauben, wer da will, ich glaube es nicht, sondern sage vielmehr: Wer wieder zurück gehet, wenn er etwas vergessen hat, der führet seine Sache wohl aus, und ist glücklicher, als ein anderer, der nicht umkehret; welches aus vielen Exempeln zu erweisen wäre. Aber nur eines einfältigen zu gedencken: Es gehet ein Weib auf den Marckt, ein- und das andre einzukauffen, hat aber den Beutel oder das Geld vergessen, sie will aber nicht umkehren, selbigen zu holen, sondern vermeynet, wenn sie etwas anständiges antreffe, sey es Zeit genug, die Magd nach Hause zu schicken, oder wolle die Waare borgen. Wird ein solch Weib nicht müssen gewärtig seyn, daß sie die Waare theurer annehmen müsse, oder es werde ihr solche auch, ehe die Magd mit dem Gelde kommt, von einem andern, der Geld hat, weggekaufft werden. Anderer Exempel zu geschweigen.[38] Es ist zwar freylich besser, daß man nichts vergisset, und nicht umzukehren vonnöthen hat; unterdessen aber / wenn es nicht anders seyn kan, so hat das Umkehren nichts auf sich.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. 2 Bände, Chemnitz 1718 (Bd. 1), 1722 (Bd. 2), [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 37-39.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken-Philosophie
Die gestriegelte Rocken - Philosophie