Das 47. Capitel.
Wenn man das Leichen-Bret höret fallen / soll man sagen: falle auf meine Henne / Ziege / Hund / Katze /und so fort etc. so kan man den ominirten Todesfall abwenden.

[94] Zu weilen höret man unvermuthet / so wohl Nachts als Tages / etwas in einem bewohnten Hause fallen /und weiß nicht alsbald / was es ist / da wird dann aus Aberglauben offt davor gehalten / es falle ein Leichen-Bret / und bedeute einen Todesfall eines Menschen in solchem[94] Hause. Da sind nun viele alte aberglaubische Zauber-Vetteln mit dem Teufel zu Rathe gangen / ob nicht ein Mittel sey / dadurch solch Omen oder übele Bedeutung desfalls könne unkräfftig gemacht werden. Hierzu ist der Satan geschwind willig gewesen / und hat denen alten Zauberinnen eingebildet / daß wenn sie folgende Worte bey ereigneten solchen Fallen sprächen / so könne es nicht schaden:


Gütgen! ich geb dir mein Hütgen,

Wilst du den Mann, ich geb dir den Hahn;

Wilst du die Frau, nimm hin die Sau;

Wilst du mich, nimm die Zieg;

Willst du unsere Kinder lassen leben, so will ich dir alle Hüner geben.


Wer wolte aber so toll seyn / und von dieser Narrethey etwas halten / da ja noch lange nicht erwiesen ist / daß ein solcher Fall nicht etwas natürliches gewesen sey. Denn es kan in einem Hause leicht etwas umfallen / oder von einer Katzen etwas umgeworffen werden. Eine Ratte kan ein Stück Kalg vom Dache abstossen / daß es auf dem Boden einen Fall thut / und wer wird sich auf allerhand Gelegenheit des Fallens in einem Hause besinnen? Aber / daß der Teufel ja fein viel geehret werde / so kan auch nichts im Hause fallen / es muß ein Aberglaube draus gemacht werden. Woher[95] muß aber ein solcher Fall eben ein Leichenbrets-Fall seyn? wo kömmt denn das Leichenbret aufn Boden / oder ins Hauß / und wer hat ein solch Bret ie fallen sehen? und woher haben denn nur gemeldte Worte die Krafft / daß sie dasjenige / so im Rath GOttes beschlossen ist / können rückgängig machen? das möchte ich gern wissen. Denn das Ziel / das GOtt einem ieden Menschen gesetzt hat zum Sterben / kan kein Mensch ändern / oder von Menschen auf ein Vieh lencken. Aber halt! was rede ich? es muß doch vielleicht was an dieser Kunst seyn / weil sichs so fein reimt. Reime dich / oder ich fresse dich. Güdgen oder Jüdgen! ich geb dir mein Hütgen. Was ist denn das Güdgen vor ein Ding? so soll der Teufel untern Hütgen spielen / als wie ein Taschen-Spieler / daß wenn man gedenckt / es gelte den Mann / so sey es nur der Hahn; vernimmet man / es gelte die Frau / so sey es die Sau / u.s.f. Das ist gar fein ausgesonnen / denn offtmahls ist der Mann zugleich auch mit ein Hahne-r: und manche liebe Frau ist eine garstige Sau. Also wird es dem so genannten Jüdgen gleich viel gelten /wenn ihme nur von beyden eines zu Theil wird. Zuletzt bekömmet er wohl ohne Mühe alles zusammen.

Quelle:
Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken- Philosophie. Band 2, Chemnitz 1722 [Nachdruck Weinheim; Deerfield Beach, Florida 1987]., S. 94-96.
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