Das Bild der Religion

[238] O sprich! wer bist du? – des großen Vaters

Wahre Tochter, die Religion! –

Warum ein zerrissenes Bettlergewand? –

Der Erde Güter veracht' ich! –

Und dieses Buch, das deine Blicke verschlingen?

Ist meines Vaters heiliges Gesetz! –

Warum den keuschen Busen unverhüllt? –

Der offnen Einfalt Freundin liebt es so! –

Warum auf ein Kreuz dich lehnend? – Das Kreuz

Schafft mir die gewünschteste Ruhe. –

Warum geflügelt? – Die Kinder des Staubs

Flug über die Sterne zu lehren! –

Warum so strahlend? – Die täuschende Nacht

Der Menschenseelen zu bannen! –

Warum ein Zaum in deiner Linken? – Damit

Des Herzens Störrigkeit zu bändigen. –

Und deiner Füße Schemel, warum der Tod? –

Ich bin des Todes Tod, das Leben.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 238.
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