Todtenmarsch

[319] Zieh hin, du braver Krieger, du!

Wir leiten dich zur Grabesruh',

Und schreiten mit gesunkner Wehr,

Von Wehmuth schwer

Und stumm vor deinem Sarge her.


Du warst ein biedrer, deutscher Mann;

Hast immerhin so brav gethan.

Dein Herz, voll edler Tapferkeit,

Hat nie im Streit

Geschoß und Säbelhieb gescheut.


Warst auch ein christlicher Soldat,

Der wenig sprach und vieles that,

Dem Fürsten und dem Lande treu,

Und fromm dabei

Von Herzen, ohne Heuchelei.


Du standst in grauser Mitternacht,

In Frost und Hitze auf der Wacht;

Ertrugst so standhaft manche Noth

Und danktest Gott

Für Wasser und für's liebe Brod.[319]


Wie du gelebt, so starbst auch du,

Schloß'st deine Augen freudig zu

Und dachtest: Aus ist nun der Streit

Und Kampf der Zeit.

Jetzt kommt die ew'ge Seligkeit.


Der liebe Herrgott kannte dich.

Gen Himmel kamst du sicherlich.

Du, Wittwe, und ihr Kinderlein,

Traut Gott allein:

Er wird nun eure Stütze sein.


Die Bahre poltert in die Gruft;

Wir aber donnern in die Luft

Dein letztes Lebewohl dreimal.

Im Himmelssaal

Dort sehn wir dich ohn' alle Qual.


Nehmt seinen Säbel von der Bahr',

Und seid so brav, wie er es war;

Dann überwinden wir, wie er:

Und heiß und schwer

Drückt uns des Lebens Joch nicht mehr.


Trupp.


Eilt, Kameraden, von der Gruft!

Weil uns die Trommel wieder ruft.

Er rastet nun im kühlen Sand:

Uns fordert Fürst und Vaterland.

Wir bieten ihm

Mit Ungestüm

Die rauhe Kriegerhand.


Zwar ging' es leichter in dem Feld,

Als auf dem Bette, aus der Welt;

Doch alles nur nach Gottes Rath,

So denkt ein redlicher Soldat.

Ihm geht es gut;

Er stirbt mit Muth,

Wie unser Kamerad.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 319-320.
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