Virtuosenglück

[487] Schlecht ist der Virtuosen Glück

In unsrer Tage Lauf,

'S thät Noth sie nähmen einen Strick,

Und hingen all sich auf.


Pfeift einer auch wie Lesbrün pfeift,

Geigt einer Lolli nach,

Greift 's Klavikord wie Eckard greift,

Und komponirt wie Bach:[487]


So hört man lieber Schellenklang,

Schuhu- und Katzenschrei

Und Gansgigag und Eselsang,

Als Sphärenmelodei.


Das Ohr der meisten Menschen ist

Wie Eselsohr gar groß:

Darum bedenk's, mein frommer Christ,

Und werd' kein Virtuos!


Anm. »Ein reisender Virtuos, den Sch. nur ein mittelmäßiges Concert hatte zusammenbringen können, bat ihn um ein Stammbuchblatt, das sich auf seinen Beruf beziehen sollte. Schubart schrieb auf dem Flügel so gleich das Obige nieder.«

Ludwig Schubart.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 487-488.
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