Neujahrsseufzer eines Studenten

[213] O Himmel! höre mein Gebet,

Das aus der Seele zu dir fleht,

Und gib mir in der neuen Zeit

Jerusalems Beredsamkeit;

Die Sprachen aus dem Orient,

Wie sie ein Michaelis kennt;

Latein und Griechisch, weiter nicht,

Wie Heyne und Ernesti spricht;

Französisch, Englisch, Wälsch – nur so,

Wie Voltaire, Hume und Metastasio;

Mach mich zu einem Antiquar,

Wie einstens Winckelmann es war;[213]

Zum Schönen gib mir ein Gesicht,

Wie Mengs und Füeßli, weiter nicht!

Der Weisheit populären Ton

Gib mir von Kant und Mendelssohn,

Geschichte nur so obenhin,

Wie Gatterer und Häberlin;

Geographie wie Büsching nur,

Und Hallers Kenntniß der Natur.

Musik begehr' ich nicht zuviel,

Nur Bachs und Lollis Saitenspiel;

Und Klopstocks ziemliches Genie

Zu einem bischen Poesie –

Und endlich – Hm! – zum Zeitvertreib

Wielands Musarion zum Weib!

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 213-214.
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