Der dreizehnte März

[163] Eine Phantasie.


(1790.)


Es feirte Joseph jüngst im Paradiese

Sein Lebensfest zum erstenmal,

Und Franz, Theresia, Elise

Begrüßten ihn im neuen Sonnenstrahl.

Da sah in der Verklärung Lichte

Die große Seele sie und sprach:

»Wie wohl ist mir! O Vater, Mutter, Nichte,

Wie wohl ist mir! ach, fühlt mir's nach!

Mich wirft nicht mehr mit wildem Tosen

Des ersten Lebens Woge hin und her.

Die Hügellasten armer Großen

Ermüden meinen Geist nicht mehr.

Mein abgequälter Leib ruht deinem an der Seite,

Theresia, in stummer Gruft.

O, mich durchschauert schon die Ahnung jener Freude,

Wenn diese Leiber Gott herauf ins Leben ruft.

Wie lieblich lächelt mir der Paradiesesmorgen!

So fei'rt' ich auf der Welt nie meinen Werdetag,

Ach, dort wo unter tausend Herrschersorgen

Mein Leib so früh – doch nicht mein Geist erlag.

Laßt uns, umströmt von diesen Morgenröthen,

Bestrahlt von diesem Sonnengold,

Auf jenem Cedernhügel beten

Für Oestreich und für Leopold

Sie knieten, beteten; als sie gebetet hatten,

Da säuselt' es im Cedernschatten:

»Ich bin der Herr! Bin Euch, bin Leopold,

Bin Oestreichs Samen ewig hold.«

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 163-164.
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