Das Schwabenmädchen

[450] Ich Mädchen bin aus Schwaben,

Und braun ist mein Gesicht;

Der Sachsenmädchen Gaben

Besitz' ich freilich nicht.


Die können Bücher lesen,

Den Wieland und den Gleim:

Und ihr Gezier und Wesen

Ist süß wie Honigseim.


Der Spott, mit dem sie stechen,

Ist scharf wie Nadelspitz;

Der Witz, mit dem sie sprechen,

Ist nur Romanenwitz.


Mir fehlt zwar diese Gabe,

Fein bin ich nicht und schlau;

Doch kriegt ein braver Schwabe

An mir 'ne brave Frau.


Das Tändeln, Schreiben, Lesen

Macht Mädchen widerlich;

Der Mann, für mich erlesen,

Der liest einmal für mich.


Ha, Jüngling, bist aus Schwaben?

Liebst du dein Vaterland?

So komm, du sollst mich haben.

Schau, hier ist meine Hand!

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 450.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
S Mmtliche Gedichte, Volume 1
S Mmtliche Gedichte, Volume 3
Gedichte. Aus der