Willkomm an Ludovike auf Hohenasperg

Sie kommt! sie kommt! ich sehe Ludoviken!

Sie wallt herauf im Thal

Auf unsers Nebelberges Rücken!

Sie kommt – ein Sonnenstrahl!


Simanowiz, Du magst es mir verzeihen,

Wenn die mein Lied begrüßt,

Die unter deutscher Mädchen Reihen

Ein Stern der ersten Größe ist.


Nicht ihr Genie, der helle Gottesfunken,

Der sie ins Morgenlicht

Gelehrt hat ihren Pinsel tunken,

Der laut in bunten Farben spricht –


Nicht ihren Alt, gleich Silberglockentönen,

Nicht ihres Herzens Sympathie

Mit jedem Guten, Großen, Schönen,

Der Schöpfung des Genie,


Auch nicht die Anmuth, die in lichten Farben

Um Ludoviken strahlt,

Und sie, wie Ceres sonnbeflammte Garben,

Mit Himmelsgold bemalt,


Ihr Herz, ihr Herz – so voll von Engelsgüte

Verdient's allein, daß ihr

Ein Ossian entgegenglühte; –

O säng sein Geist aus mir![437]


Doch matt mit stumpfem Blicke

Bei rauhem Fesselnklang,

Begrüß' ich dich, o Ludovike,

Mit herzlichem Gesang.


Dich schrecke nicht das Klirren meiner Bande;

Umschlungen von Simanowiz,

Wall' einer Göttin gleich im himmlischen Gewande

Und segne unsern Sklavensitz.

Quelle:
Christian Friedrich Daniel Schubart: Gedichte. Leipzig [o.J.], S. 435-438.
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