Erinnerungslied an ein Brautpaar

[32] October 1832.


Gedenket ihr des Blütenkranzes,

Der unsre Karawan' umfing,

Als sie im Blau, voll Sonnenglanzes,

Am frühlingsgrünen Berge hing?
[32]

Wir athmeten in Wehmutstille

Die duftende Vergänglichkeit,

Betrübt, daß keines Gottes Wille

Nur Einer Blüte Dauer leiht.


Doch, während wir im Sinnen lagen,

Da hatte leis den Blütenthron

In zweien Herzen aufgeschlagen

Die wunderbare Liebe schon.


Ach! jener Rosenschmuck der Bäume

Gärt trüb als Most im Keller längst,

Indeß du Blume holder Träume

Noch hell am Lebensbaume hängst.


Die Blüte mag im Lenze fallen,

Der Sommer mag mit goldner Frucht,

Der Herbst im Nebel fürder wallen,

Der Winter weilen in der Flucht:


Wo Liebe blühet in zwei Leben,

Bleibt doch der Frühling ewig wahr; –

Hört ihr's die ferne Harfe beben,

Ihr Liebenden, am Traualtar?

Quelle:
Gustav Schwab: Gedichte. Leipzig [um 1880], S. 32-33.
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