[566] London. Ein Zimmer im Palast.
König Heinrich, Gloster und Exeter treten auf.
KÖNIG HEINRICH.
Habt Ihr die Briefe durchgesehn vom Papst,
Vom Kaiser und dem Grafen von Armagnac?
GLOSTER.
Ja, gnäd'ger Fürst, und dieses ist ihr Inhalt:
Sie bitten Eure Herrlichkeit ergebenst,
Daß zwischen England und der Franken Reich
Ein frommer Frieden mag geschlossen werden.
KÖNIG HEINRICH.
Und wie bedünkt der Vorschlag Euer Gnaden?
GLOSTER.
Gut, bester Herr, und als der einz'ge Weg,
Vergießung unsers Christenbluts zu hemmen
Und Ruh' auf allen Seiten fest zu gründen.
KÖNIG HEINRICH.
Ja freilich, Oheim; denn ich dachte stets,
Es sei so frevelhaft wie unnatürlich,
Daß solche Gräßlichkeit und blut'ger Zwist
Bei den Bekennern eines Glaubens herrscht.
GLOSTER.
Um diesen Bund so eher zu bewirken
Und fester ihn zu schürzen, bietet auch
Der Graf von Armagnac, Karls naher Vetter,
Ein Mann, des Ansehn viel in Frankreich gilt,
Die einz'ge Tochter Euer Hoheit an
Zur Eh', mit großer, reicher Morgengabe.
KÖNIG HEINRICH.
Zur Eh'? Ach, Oheim, jung sind meine Jahre,
Und angemeßner sind mir Fleiß und Bücher,
Als üppig tändelnd Spiel mit einer Trauten.
Jedoch, ruft die Gesandten und erteilt[566]
Die Antwort jedem, wie es Euch beliebt.
Ich bin die Wahl zufrieden, zielt sie nur
Auf Gottes Ehr' und meines Landes Wohl.
Ein Legat und zwei Gesandte treten auf, nebst Winchester in Kardinalstracht.
EXETER.
Wie? Ist Mylord von Winchester erhöht
Zum Rang des Kardinals und eingekleidet?
Dann merk' ich wohl, bestät'gen wird sich das,
Was oft der fünfte Heinrich prophezeit:
»Wenn er einmal zum Kardinal gelangt,
So macht er seinen Hut der Krone gleich.«
KÖNIG HEINRICH.
Ihr Herrn Gesandten, euer aller Wünsche
Sind wohl erwogen und besprochen worden.
Gut und vernünftig scheint uns euer Zweck,
Und darum sind wir sicherlich entschlossen,
Bedingungen des Friedens aufzusetzen,
Die durch Mylord von Winchester wir gleich
Nach Frankreich wollen überbringen lassen.
GLOSTER.
Und anbelangend eures Herrn Erbieten,
Berichtet' ich an Seine Hoheit so,
Daß, um des Fräuleins tugendsame Gaben,
Um ihre Schönheit und der Mitgift Wert,
Er sie zu Englands Königin will machen.
KÖNIG HEINRICH zu den Gesandten.
Zum Zeichen und Beweise des Vertrags
Bringt dies Juwel ihr, meiner Neigung Pfand. –
Und so, Mylord Protektor, mit Geleit
Besorgt nach Dover sie; dort eingeschifft,
Vertrauet sie dem Glück des Meeres an.
König Heinrich mit Gefolge, Gloster, Exeter und Gesandten ab.
WINCHESTER.
Bleibt, Herr Legat! Ihr müßt empfangen erst
Die Summe Geldes, welche ich gelobt
An Seine Heiligkeit zu überreichen
Für die Bekleidung mit dem würd'gen Schmuck.
LEGAT.
Ich richte mich nach Euer Hoheit Muße.
WINCHESTER.
Nun wird sich Winchester nicht beugen, traun!
Noch nachstehn selbst dem stolzesten der Pairs.[567]
Humphrey von Gloster, merken sollst du wohl,
Daß weder an Geburt noch Ansehn dich
Der Bischof will erkennen über sich.
Ich will dich zwingen, nieder mir zu knien,
Wo nicht, dies Land mit Aufstand überziehn.
Beide ab.
Buchempfehlung
»Ein ganz vergebliches Mühen würd' es sein, wenn du, o lieber Leser, es unternehmen solltest, zu den Bildern, die einer längst vergangenen Zeit entnommen, die Originale in der neuesten nächsten Umgebung ausspähen zu wollen. Alle Harmlosigkeit, auf die vorzüglich gerechnet, würde über diesem Mühen zugrunde gehen müssen.« E. T. A. Hoffmann im Oktober 1818
88 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.
390 Seiten, 19.80 Euro