[151] Ebendaselbst.
Helena und der Narr treten auf.
HELENA. Meine Mutter grüßt mich freundlich; ist sie wohl?
NARR. Sie ist nicht wohl, und doch ist sie bei Gesundheit; sie ist recht munter, und doch ist sie nicht wohl; aber Gott sei[151] Dank, sie ist sehr wohl, und ihr fehlt nichts in der Welt; und doch ist sie nicht wohl.
HELENA. Wenn sie sehr wohl ist, was fehlt ihr denn, daß sie nicht wohl ist?
NARR. In Wahrheit, sie ist sehr wohl, ganz gewiß; bis auf zwei Dinge.
HELENA. Was für zwei Dinge?
NARR. Einmal, daß sie nicht im Himmel ist, wohin Gott sie recht bald fördern wolle; zweitens, daß sie auf Erden ist, von wo Gott sie recht bald fördern wolle.
Parolles tritt auf.
PAROLLES. Gott segne Euch, meine höchstbeglückte Dame!
HELENA. Ich hoffe, Herr, ich habe Eure Einwilligung zu meinem Glück?
PAROLLES. Ihr hattet mein Gebet, Euch dahin zu geleiten; und Euch dabei zu bewahren, sollt Ihr es behalten. – O mein wackrer Schelm! Was macht unsre alte Gräfin?
NARR. Hättet Ihr nur ihre Runzeln, und ich ihr Geld, so möchte sie immer machen, was Ihr sagt.
PAROLLES. Ich sage ja nichts.
NARR. Mein' Seel', dann seid Ihr um so klüger; denn manches Dieners Zunge schwatzt nur seines Herrn Verderben herbei. Nichts sagen, nichts tun, nichts wissen und nichts haben, darin besteht ein großer Teil Eures Guts, das eigentlich ein Nichts ist.
PAROLLES. Fort mit dir, du bist ein Schelm.
NARR. Ihr hättet sagen sollen, Herr, vor einem Schelm bist du ein Schelm, das heißt, vor mir bist du ein Schelm: so wär's die Wahrheit gewesen.
PAROLLES. Geh mir, du bist ein witziger Narr, ich habe dich gefunden!
NARR. Habt Ihr Euch in mir gefunden, Herr? Oder hat man Euch gelehrt, mich zu finden? Das Suchen, Herr, war von gutem Erfolg; und mögt Ihr doch noch recht viel Narrheit in Euch finden, zu aller Welt Ergötzen und Förd'rung des Lachens.
PAROLLES.
Ein guter Schelm und trefflich aufgefüttert. –[152]
Gräfin, mein gnäd'ger Herr verreist heut nacht,
Höchst wichtige Geschäfte rufen ihn.
Den großen Anspruch und der Liebe Vorrecht
Erkennt er gern als Pflicht, die Euch gebührt;
Doch muß er sie versäumen, notbedrängt.
Ihr Aufschub selbst und Zögern beut Euch Nektar;
Die finstre Zeit bereitet ihn als Trost,
Damit die Zukunft überfließ' in Wonne
Und Lust bis an den Rand.
HELENA.
Was wünscht er sonst?
PAROLLES.
Daß Ihr sogleich vom König Abschied nehmt,
Ihm diese Hast als Eure Wahl bezeichnet
Und unterstützt mit Gründen, daß sie glaublich
Und dringend scheine.
HELENA.
Was noch mehr befiehlt er?
PAROLLES.
Daß, wenn Ihr dies erreicht, Ihr alsogleich
Erwartet, was er ferner von Euch wünscht.
HELENA.
In allen Stücken harr' ich seines Winks.
PAROLLES.
Das werd' ich melden.
HELENA.
Darum bitt' ich Euch.
Parolles geht.
Komm, Freund!
Helena und der Narr gehn ab.
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