An meine Enkelin,

Elise Duncker

[244] Wie fliehet voll Sehnsucht mein liebender Sinn

Zu Dir, o Du niedliche Kleine, dahin.

Wie geb' ich im tändelnden zärtlichen Spiel

Dem eilenden Winde der Küsse so viel!


Ich sage dem luftigen Boten: Geschwind

Bring' freundliche Grüsse dem lieblichen Kind,

Und weh' aus dem Lauben des Friedens ihm zu

Die lieblichsten Träume, die süsseste Ruh!


Noch stehst Du im Schleier der Wehmuth vor mir,

Noch lausch' ich den Tönen des Abschieds von Dir;

Bald schling' ich Dir Blüthen des Lenzes zum Kranz,

Dann hüpfen wir singend zum fröhlichen Tanz!


Wir scheuchen den Lauscher mit mürrischem Sinn,

Er kennt nicht der kindlichen Freude Gewinn;

Er weiss nicht, dass immer ein himmlisches Band

Mit Frohsinn die Tugend so innigst verband!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 244-245.
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