[187] [1.]
Schaw Christ/ wie Christus hab veracht
Die Welt/ der Welt Gut/ Ehr vnn pracht/
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
2.
Vom Himmel kam er auff die Welt/
Nichts mit sich bracht/ noch Gut/ noch Gelt.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
3.
Er ließ die Statt Jerusalem/
Vnd kam zum Stattle Bethlehem.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
[188]
4.
Zu Bethlehem hat er kein Hauß/
Must hin zum Stall zur Statt hinauß.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
5.
Der Stall stund auff/ vnd ohne Thür/
War Löcher voll/ kein Fenster für.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
6.
Der Wind vnd Schnee schlug vberall/
Der Schnee bedeckt den gantzen Stall/
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
7.
Hie Gottes Sohn im Winter saß/
Kein Fewr war da/ vnd alles naß.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
8.
Ein Krip stund da/ ein hartes Bredt/
Das war sein Wieg vnd Kinderbeth.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
9.
Voll Stroh die Krip/ voll Mist vnnd Wust/
Da Gottes Sohn auff ligen must.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
[189]
10.
Das Kind so kalt erbärmlich arm/
Ein Ochs vnd Esel hauchten warm.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
11.
So bald das Vieh den Athem spart/
Schwartz wurd von kält das Kindle zart.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
12.
Auß seinen Augen fielen Weiß
Wie Berl/ sein Thrän/ gefroren Eiß.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
13.
O Christ thu auff das Hertze dein/
Schließ ein vnd wärm das Kindelein.
O Gott mein Lieb! O Gott mein Lieb!
O Armut! O Demut! O Gott mein Lieb.
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