[O Gott, wan dein lob hören mag]

[291] O Gott, wan dein lob hören mag,

Mein trost ist vnermessen:

Hingegen ist mein höchste klag,

Wan deiner wird vergessen:[291]

Wan ich die wunder dein betracht

Die krafft, vnd macht bedencke,

Erstarr ich, Herr, ob solchem pracht,

Vnd mich zur erden sencke.


Ach, ach, seind wir nit erden staub?

So gar vor dir verschwinden,

Vnd fliegen hin wie dürres laub,

Das triben wird von winden.

Nur dir allein, ô mächtig Gott,

Muß alles vnter-ligen;

Die Teuffel auch sampt ihrer rott

Vor dir sich müssen biegen.


Die Cherubim in vollem brand,

Seind deine Roß vnd Wagen:

Die starcke wind gehn dir zu hand,

Vnd dich auff händen tragen.

Auff ihren flüttig manigfalt

Mit macht kompst anher tretten,

Die wolcken reissest mit gewalt;

All welt muß dich anbetten.


Fewr, kolen, blitz, seind deine pfeil,

Der himmel ist dein bogen:

Da fahren ab die donnerkeil,

Wan du kompst auffgezogen.

Das wilde meer: thut wüten sehr,

So bald dein stimm erschollen,

Geht hoch so fehrr: als wan es wer

Zun wolcken auffgeschwollen.


Die wellen toben immerdar,

Vnd gehn die wasser-wogen.

Die berg, vnd felsen allegar

Vor dir stehn krum gebogen.

Die erden rund: muß gleich zur stund

Von schüttlen sich entdecken:

Der hellen schlund: muß tieff in grund

Ob deiner macht erschrecken.
[292]

O Gott, von deiner glory groß,

Zu reden muß verzagen;

Das ewig wort in deinem schoß,

Allein es recht mag sagen.

Dein herrlichkeit ist ohne maß,

Kein maß ist auch der güte.

Drumb dich will ich noch loben baß,

Darnach steht mein gemüte.

Quelle:
Friedrich Spee: Sämtliche Schriften, Band 2, München 1968, S. 291-293.
Lizenz:
Kategorien: