3. An Schiller

[421] Als eine falsche Nachricht von seinem Tode erschollen war.


Im Sommer 1791.


Jüngsthin log das Gerücht! dich habe die Rechte des Todes

Mitten auf herrlicher Bahn niedergeworfen ins Grab –

Frühe habe des Genius Flamme das schwächere Leben

Deiner Hülle verzehrt und sie gewandelt in Staub!

Ach da rang um den Sohn Germania weinend die Hände,

Und wehklagte: So früh gehst du zu Lessingen schon –

Du mein Liebling wie er, in dem ich mit Mutterentzücken

Shakespeare und Hume zugleich keimen und reifen mir sah;

Des gepries'nes Verdienst als einen rächenden Stachel

Schon dem britischen Stolz stolzer entgegen ich hielt!

Sprach's und blickte voll Schmerz auf die unvollendeten Male

Deines Geistes – so schön in der Entstehung – herab!

Da ertönte mit einmal die Kund': Es habe Genesung

Ihren Balsam dir sanft über die Schläfe geträuft!

Siehe! da jubelten wieder die Tausende, welche dich ehren,

Thränte Freude, das Weib, Schillern zu lieben so wert –

Und dein zärtlicher Vater! – Mir sagte die fröhliche Kunde

[421] Sein helleuchtender, sein himmelaufstrebender Blick!

Hättest du ihn gesehen den Blick! Er hätte zu einem

Meisterwerke, wie du keines noch schufst, dich entflammt!

»Meines Daseins Wonne ist mein Einziger! Lächelnd entschlaf' ich

Mit dem Gedanken an ihn,« sagt der leuchtende Blick ....

O noch lange – so rufet dein Freund vom Neckargestade –

Bleibe des Redlichen Lust! Bleibe du Sueviens Stolz,

Die den höhnenden Schwestern entgegen die ewigen Namen:

Wieland und Schiller! ruft und zum Verstummen sie zwingt!

Mit dem Himmelgefühl der Gesundheit in Ader und Nerve

Wandle mutig du fort auf der Unsterblichkeit Bahn,

Wunderbarer Proteus! und werd' in vollendeter Größe

Deinem glücklichen Volk Shakespeare und Hume zumal.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 135, Stuttgart [o.J.], S. 421-422.
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