Vierter Auftritt.

[314] Das Theater des ersten Aufzugs.


Nikolo welcher eben eine Thüre zuschließt, Clärchen kommt erst dazu.


CLÄRCHEN. Nun? Hat Er den armen Sänger eingesperrt?

NIKOLO. Das glaub' ich. Und, Sackerlot hab' Sie nur nicht so viel Mitleiden mit ihm; es könnte Ihr einmal übel bekommen. Weiß Sie wohl was ich Ihr heute von ihm erzählt habe? Wie er gegen mich geraßt hat? Kann's ihm nicht einmal kommen, wenn er bey Euch allein ist? Wer hilft Euch hernach? Ihr seyd ihm beyde gewiß nicht stark genug. Denn Sackerlot, ein Narr ist stärker als ein Gescheiter.

CLÄRCHEN. Nu, nu, er mag ja recht haben. Aber itzt höre Er lieber Nikolo, Er muß mir einen Gefallen erzeigen.

NIKOLO. Recht gern, wenn's seyn kann. Ihr zu lieb' alles in der Welt. Kneipt sie in die Backen. Sie ist so ein liebes Mauserl.

CLÄRCHEN kneipt ihn wieder in die Backen. Und Er ist so ein süßes Krautstängerl, daß ich mein ganzes Vertrauen in Ihn setze.

NIKOLO. Sackerlot! itzt hör' Sie auf – mir wird über und über warm. Ihre Fingerln sind so allerliebst kitzlich, daß ich auf dem ganzen Leib eine Gänsehaut kriege. Nun was will Sie? alles Mauserl.[314]

CLÄRCHEN. Er soll mir geschwind zu meiner Schwester mit diesem Brieschen gehn, es ist mir außerordentlich viel dran gelegen.

NIKOLO. Itzt? Was fällt Ihr ein? Sackerlot, ich komme ja unter einer Stunde nicht zurück.

CLÄRCHEN. Deswegen schick' ich Ihn ja eben, weil ich mich sonst auf niemanden verlassen kann.

NIKOLO. Verdammt's Mädel! sie kann einem den letzten Tropfen Blut herausstreichein. Nun so geb' Sie nur her. Aber Sackerlot, wenn unter der Zeit was vorfällt?

CLÄRCHEN. Geb Er mir die Schlüssel. Ich weiß ja schon ohngefähr was zu thun ist. Es ist ja der Mamsell Vater hier und – und die übrigen Leute – was kann denn also geschehn.

NIKOLO. Nun meinethalben, da hat Sie die Schlüssel – aber sey Sie gescheid, und laß' Sie nicht etwan den Sänger heraus, das sag' ich Ihr.

CLÄRCHEN. Beyleibe. Komm Er nur so geschwind als möglich zurück.

NIKOLO. Das versteht sich. im Begriff abzugehn.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 314-315.
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