[167] Dehm Erbahren/ Vorsichtigen und hochweisen Herren Momus schreibet auß sonderlich-geneigtem Gemühte gegenwertiges Teil der Sinnreden/ nicht ohne Vermeldung seines dienstlichen Grusses/ zu Filidor der Dorfferer durch folgendes:


Momus/ der der Weißheit Grund/ wie aus dem Gestirne siehet/

der auß der Geschikkligkeit das gefünffte Wesen ziehet/

welcher durch ein Perspektiv aller Menschen Tuhn betrachtt

ja auff Ammons Tohrheit selbst hat mit klugen Sinnen acht

Euer hoch-wizz zwinget mich diese Reden Euch zugeben:

ein solch hoch-erleuchter Sinn wird doch weit und breit nicht leben[167]

der Euch/ Richter/ wage hält. Ihr nur nehmt am ersten ein

was deß/ so allhier verdekket/ wahre Meinung möge sein.

Ein hart-ob sich stehend Haar/ daß deß Vogels Federn gleichet

den der Meleager schoß und ihn Atalanten reichet'

eine traur-bewuste Stirn/ die nur eine Runzel hegt

so sich umb das Künste-schloß zehnfach hat herum gelegt

ein ansehnlich-langer Gang/ wie Lykurgus kahm getreten/

wenn er die Gesezze laß so viel untergebnen Stäten/

Kleider als der Stoa trug/ wenn er die Begierden zwang/

Sitten/ wie Fabrizius/ Reden hundert Ellen lang/

Grobe Speisen/ hartes Lager/ schlechter Haußraht/ Bücher! Bücher!

Bücher! Bücher ohne Zahl/ und noch mehres glaubet sicher

daß diß alles klar bezeugt ein vergöttertes Gemüht/

so Minerven Heimligkeit durch viel tausend Brillen sieht.

Weil ihr nu mit alle dehm/ Momus/ reichlich seid begabet/

und sechs Unzen mehr Verstand/ als die Götter selber/ habet

hab' ich diß verblümte Spiel euerm Luchsen-scharffem Sinn'

als zum Abschied' hergebracht. Nehmt es Prüfer/ willigst hin.

Andre handeln allzugrob. Dieser heist euch einen Narren/

Iener schreibt auff euch Paßqwill' und kan kaum so lange harren

biß der Titul ist vorbey/ reizt er euch im ersten Blat/

der tritt gar mit Drohen auff. Denn so kommt der viert' und hat

allzuviel vor euch gelernt/ heist euch einen Idioten/

beut euch einen Esels-drek/ und was mehr der groben Zoten

die der Herr nicht leiden kan. Nein/ Herr/ Momus! Nein/ Herr/ Nein!

lasset uns fein Komplementisch/ lieber Herr/ zusammen sein.[168]

Was ich hier hab' auffgesezzt/ gönn' ich euch von ganzem Herzen.

Meint Ihr/ daß ich so mit Euch nu unhöfflich wolle scherzen?

hier ist Ernst. Nein. wißt Ihr nu wie ihr diß vergelten solt?

daß/ was ihr zuthun sonst pflegt/ ihr hierinnen lassen wollt.


Hamburg den 30. Augustm. 1657.


Filidor.

Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 167-169.
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