[164] 1798.
Zum guten neuen Jahr, wo nehm' ich her
Den Blumenkranz, den ich, mit frommen Wunsch,
Zum Weihgeschenk den Eltern wind'? Es starrt
Der Winter, jedes Sprößlings Haupt ist welk,
Und eisern ist der Erde Mutterschooß –
Doch warm glüht dieses Herz! ach, ihm entsprießt
Der Blümlein manches, doch verborgen blüht's
Und duftet's hier – ich ging und sann und sann,
Da öffnete mein Blick sich und ich sah
Der Musen Gärten, reich im schönsten Schmuck
Des unverblühten Lenzes – Freundlich ist
Und leicht geschürzt Thalia, eilend trat
Sie vor, ergriff die Hand mir, lispelte
Mir leise zu: »Du gutes Mädchen schweig',[165]
Ich weiß schon dein Begehren; sehn sie dich,
Die Schwestern, o dann dränget sich hervor
Calliope, ja Melpomene zuckt
Wol gar auf mich den Dolch, Urania
Schwebt dann herzu, und geltend ist ihr Recht,
Sie, die verschwisterte mit Ihr, mit Ihr,
Auf der in Lieb' und Wünschen immer ruht
Ach, unser Aller Auge – Ina nimm
Des ganzen Körbchens Fülle, winde Strauß
Und flechte Kränze; jedes Blümchen blüh'
Ein schöner Segen! Deiner Eltern Heerd
Ist unser Heiligthum. Geh' – doch noch Eins:
Verkennt mich dort nicht! Meine Larve birgt
Der Rührung Zähren oft und im Gewand
Des Lächelns bebt, der wahren Freude Freund,
Der Ernst, auf meiner Lippe. – Schallet nicht
Mit heller Saite, wie mit tiefem Ton
Apollons Leyer? Einer, Einer nur
Ist unser Musenreigen! – Hüpfe du
Nun heim, und opfre töchterlich Gelübd'
Und Wünsche; wäre nicht den Sterblichen
Das Ohr verschlossen, o so hörtet ihr
Auch unsers Chores Stimme sich in Wunsch
Erheben für das beste Menschenpaar.« –
So sprach die Muse, ach, mir schlägt das Herz,
Die Stimm' entfliehet, deutet was mein Blick
Und was mein klopfend Herz euch sagt, und nicht
Euch sagen kann. Nehmt Willen statt der That!