Des Königs Zorn und Lust

[223] Von Norwich war's, der tapf're Graf,

Der saß auf blut'gem Pferd,

Wohl quoll ihm hell aus Brust und Helm

Die Heldenfeuchte wert.


Und als zusammenbrach das Roß

Im letzten Todeskrampf,

Da sank er vor Herrn Edward hin

Im blut'gen Schaumesdampf.


»Herr König auf! Zu Roß! Zu Roß!

Wollt retten Euer Blut!

Seht fechten Euren Heldensproß

In rascher Todeswut.«


»Seht fallen seine Ritter all'

Vertreten und zerfetzt;

Schaut, wie der Frankenlilie Schwert

Die scharfe Klinge wetzt.«


»Schaut, wie er ficht im hellen Zorn,

Das Banner in der Faust,

Herr König, auf! Zu Roß! Zu Roß!

Daß neu das Treffen braust.«


»Ausfechten wollt' er den ersten Strauß,

Der Knabe keck und wild,

So mag er fechten als guter Held

Und sterben auf Englands Schild.«


»Ich rühre nimmer die Klinge mein,

Tut ihm die Worte kund.«

Der König wandte den Rücken stolz

Dem Ritter todeswund.
[224]

Doch als er schaute ins Blutesfeld,

Da ward sein Auge klar,

Da stand im Blute der junge Held

Auf zuckender Leichenschar.


Da hatte geschwelget der Löwe gut

Im purpurnen Schlachtenmahl,

Da schritt als Sieger der schwarze Prinz

Durchs dampfende Blutestal.


Da stieg Herr Edward vom Rosse fein

Aufs Knie in das strömende Rot:

»Hab' Dank, St. Georg, für die Hilfe dein

In würgender Kampfesnot!«

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 223-225.
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