Crillon

[184] Herr Louis de la Balbe Crillon,

Ihr kennt den Mann, der niemals floh,

Herr Louis de la Balbe Crillon,

Er hielt die Feste von Bordeaux.


Herr Louis de la Balbe Crillon,

Er lag zu Bett seit kurzer Zeit,

Mit ganzer Seele schlief Crillon,

Der Tag war lang, die Bresche breit!


Von Guise war's, der junge Herr,

Hell schien sein Schwert durchs Dämmerlicht,

Vors Bette stürzt' er mit Geplärr,

Fest schlief Crillon und hörte nicht:


»Ha! Monjoie, wach auf, Crillon,

Das Tor gesprengt, der Feind im Platz!«

Herr Louis de la Balbe Crillon

War aus dem Bett mit einem Satz.


Im bloßen Hemd, mit nacktem Knie,

Er fragt' nicht lang nach Schild und Helm:

»Wo hängt mein Schwert, wo stehen sie?«

Da lachte laut der junge Schelm:


»Das Tor ist fest, kein Feind ist nah',

Sie sagten mir in ganz Paris,

Daß noch kein Mensch Dich zittern sah,

Nun glaub' ich's gern, bei St. Denis!«


»Mit eignen Augen wollt' ich's schaun,

Vergib, Du Held, es war ein Scherz!«

Des Ritters Stirn ward dunkelbraun,

Des Herzens Blick fiel bodenwärts.


Sie standen vor einander da,

Dem Junker war nicht wohl zumut;

»Daß mich Dein Aug' nicht zittern sah,

Das war Dein Glück, Du junges Blut!«

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 184-185.
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