Einteilung.

Wir haben es im Folgenden mit dem Aberglauben im christlichen Volke zu tun. Nach Lehre des Christentums ist der Endzweck der Erschaffung der Welt die Offenbarung der Vollkommenheiten Gottes. Die leblosen und lebenden unvernünftigen Geschöpfe sollen diese Vollkommenheiten unbewußt verkünden, der vernünftige Mensch bewußt und frei. Zu dem Ende lenkt und ordnet der Schöpfer alles so, daß dieser Zweck erreicht wird. Deshalb heißt es in einem bekannten Liede:


Nichts geschieht von ungefähr,

Alles kommt von oben her.


Das ist die Vorsehung. Der Aberglaube stellt nun neben diese Vorsehung eine zweite, ihm genügt die erste nicht. Er will sich damit nicht in einen Gegensatz zu dieser stellen, er will sie vielmehr ausbauen, ergänzen. Einmal läßt er Gesetze und Kräfte walten, die das Christentum nicht kennt und Vernunft und Erfahrung verwerfen (Vorbedeutung, Zauberei, Vor-, Nachspuk), er gaukelt uns Feinde vor, die vernünftiger Weise nicht existieren können (karrikierte Teufel und dessen Verbündete: Hexen, Walridersken, Wehrwölfe usw.). Ein andermal heftet er sich an die Wirklichkeit, an Zahlen und Zeiten, an die Gestirne des Himmels, an Feuer und Licht, an Pflanzen und Tiere, er stellt sich ein bei den Festen des Jahres, bei den wichtigsten Vorfällen im Leben des Menschen, er beeinflußt die[13] Sagen, die Volkslieder und Spiele, die Märchen und Schwänke, welche im Volke gehen. Daraus ergibt sich die Einteilung:


I. Die eingebildete Welt des Aberglaubens.

1. Vorbedeutungen. – 2. Zauberei. – 3. Vorspuk. – 4. Nachspuk. – 5. Teufel. – 6. Teufelsverbündete. – 7. Geister oder Wesen außer dem Teufel.

II. Die wirkliche Welt und der Aberglaube.

III. Ortssagen.

IV. Märchen und Schwänke.


Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. XI11-XIV14.
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