1.

[514] Es ist aktenmäßig festgestellt, daß von Cappeln den Hauptgottesdienst an den Sonn- und Festtagen, welcher vorschriftsmäßig am Vormittage abgehalten werden und bis Mittag beendigt sein soll, im Laufe der Jahre immer weiter hinausschob, auf 2, 3 Uhr nachmittags, ja bis nach Sonnenuntergang, wie eine Meldung an die Behörde besagt. Derartiges durfte der Volkswitz sich nicht entgehen lassen. Man erzählt, von Cappeln habe in der Morgenfrühe an den Sonn- und Festtagen mit dem Schäferheiken bekleidet die Schafe gehütet. Bei dem Bestreben, die Tiere möglichst lange weiden zu lassen, habe er den Anfang des Gottesdienstes immer weiter hinausgeschoben und sei so zuletzt auf den Abend gekommen. Einst haben Leute aus einer Nachbargemeinde, welche in Markhausen dem Gottesdienste beiwohnen wollten, draußen einen Schäfer gefragt, ob es noch früh genug zum Kirchgange sei. »Hebt man kine Ile«, hat der Schäfer geantwortet, »ick bin de Pastor un mot noch na'n Huse driewen, dat kann noch ne Stunne duren.«

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 514.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg
Aberglaube Und Sagen Aus Dem Herzogtum Oldenburg (Paperback)(German) - Common
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg: Erster Band