Scena 13.

[89] Das Theatrum praesentirt einen Wald, von fehrne auf der Seiten die Statt Roma.

Lucius Scipio und Cicero.


CICERO von 2 in ein Sesel getragen. Nun dancke ich dem Himmel, daß ich bißhero gelanget. Getreuer und tapferer Lucius, habet Danck vor Euerer Begleitung, werde nun ohne einziger Hindernus meine Flucht fortsetzen könen, weillen iederman der Meinung, daß ich noch in meiner Behausung.

LUCIUS SCIPIO. Ihr seyd zwar schon auser Gefahr, dannoch ist[89] nicht allerdings zu trauen: es möchte seyn, daß Euere Flucht verkundschafftet worden, weillen allenthalben Auffseher gestellet, welche aus Euer Thun und Lassen genaue Obsicht haben.

CICERO. Die Götter, welche für der Menschen Heil sorgen, werden mich beschützen, meine Unschuld ist ihnen bewust, und mein heiliger Eyffer die Gerechtigkeit zu steuren wird mich aller Gefahr entreißen. Lebet derowegen wohl, wertster Freundt, hinterbringet meinen Hinterlassnen, wo ich hinführo mich auffhalten werde, auf daß [sie] mir zu gelegner Zeit folgen könen.

LUCIUS SCIPIO. Ich verlasße Euch dann, mein Freundt Cicero, und wünsche Euch nichts mehreres als den Schutz des Himmels. Ab.

CICERO. Die Götter begleiten Euch, geliebter Freundt. – – Nun bin ich allein und sehe mich aus aller Gefahr, aber wie schwer mir fahlet, Rom zu verlassen, weis dieses Hertz. Grausamer Marcus Antonius, was nutzet es dich, daß du mich also verfolgest? Ich wolte durch Verbindung meiner Tochter und deines Sohn unser Freundschafftsband befestigen; so mus ich das Wiederspill erfahren. Aber genuch, mein Klagen und Seuffzen ist doch vergebens. Ihr, meine Getreue, bringet mich forth durch unbekante Weege an den bestimbten Orth, damit ich denen grimigen Klauen dieser bluthdürstigen Tiger entrinnen möge, dann eine iede Verweillung kann schedlich sein. Sie fangen an ihm weiter zu tragen. Haltet noch etwas ein und lasßet mich nochmahls mein undankbahres Vatterlandt betrachten. – – Aber ach, was betrachte ich, als meinen unglücksvollen Stand. Du hast mich vormahls mit Erstaunung gesehen, stoltzes Rom, da ich so offtermahl deinen Zwittracht gestillet, und nun lasßestu mich in Schwermuth gantz verlassen herumbwandlen; du hast mich als einen Abgott verehret, und nun verlangestu meinen Todt.


Laß nur spüren deinen Grimme,

Grausames Rom, und Raserey.

Du wilst, daß ich flichtig gehe,

Ohne Trost verlasßen stehe.

Du, ô Themis, mich annihme,

Mach mich aller Sorgen freu.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 89-90.
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