Scena 2da.

[94] Tulia.


TULIA. Waß für ein Zanck und Streith ist dieses? Was für einen entsezlichen Tumult machet [ihr] vor meinen Cabinet?

HANSS WURSCHT. Jungfrau Tulia, ich hab Euch etwas überbracht, da – – –

SCAPIN. Schere dich forth, ich hab euchs überbracht, und nicht dieser Kerl.

HANSS WURSCHT. Das ist erlogen, ich bin der Spur nachgangen trotz einen Wachtelhund, also hab ichs erstlich gefunden und überbracht.

SCAPIN. Rede nicht, oder ich schlach dir das Wortt von Maul weg. Habt ihr mich nicht hinausgeschickt, daß ich Euch solchen überbringe?[94]

TULIA. Beede seyd Ihr Euerer Sinnen beraubet; waß habt ihr überbracht? Habt ihr etwas für mich, entdecket es, davor solt ihr belohnet werden.

HANSS WURSCHT. Da will ichs Euch allein geben: in diesen Sack ists.

SCAPIN. Den Sack hastu mir geschenkt, ergo gehöret auch was darinnen ist mein.

HANSS WURSCHT. Ein Pfifferling solst haben, du Lauskerl. Hier habt ihr ihm, Jungfrau Tulia.

TULIA. Bald solt ihr mich zum Zorn reitzen. Also bald schweiget beede! Du aber, Hanß Wurscht, sage mir, was du mir überbringest.

HANSS WURSCHT. Sihest Flegl, daß ich die praecedenz vor deiner hab; uh, alle Zähn wolt ich dir –

TULIA. Rede doch, was hier in den Sack.

HANSS WURSCHT. Eröffnet nur das Loch in praesenti und gebt mir was in plusquamperfecto, so wird das futurum gleich da sein.

TULIA. An diesen wird es nicht ermanglen, so es nur etwas Beliebtes ist.

SCAPIN. Es ist Eures – – –

TULIA. Schweige und backe dich alsobald aus meinen Angesicht.

SCAPIN. Ich kan schon gehen, aber du solst gewis noch heut daß 5fingergrauth in deinen Gesichte haben. Ab.

HANSS WURSCHT. Gehe nur, mein Kerl, du kanst mich brav in Arsch lecken, das du es weist.

TULIA. Du garstiger Schelm! Sage nun, was in diesen Sack.

HANSS WURSCHT. Ich wil Euch den Pfifferling gantz kurtz ins Gesicht sagen: Wie ich hinaus bin gangen, so bin ich hinausgangen, weil mich mein Herr hinaus geschickt hat, so bin ich hinausgangen, weil ich hab müssen hinausgehen etc. etc. Machet eine solche Rede nach seinen Belieben, bis endlich Tulia ungedultig wird und ihme den Sack aus den Händen reißet und das Haubt Ciceronis herauszihet. Hanß Wurscht sagt: Ja daß ist es.

TULIA. Daß Haupt meines Vatters! Ô ihr Sterne, was ist dieses? – – – Wo hastu solches bekomen?

HANSS WURSCHT. Gleich wo der Nachtkönig die Medritat Fäsel auslähret, es ist lauter Dreck geweßen, ich aber habs in der Tiber abgewaschen.

TULIA. Ist mein Erzeuger todt, so will ich auch nicht leben, – backe dich, du Ungeheuer, aus meinen Augen![95]

HANSS WURSCHT. Nur das Tringeld her, nacher will ich gleich gehen.

TULIA. Galgen und Rad soll dir das Tringeld von Hencker gegeben werden.

HANSS WURSCHT. Davor bedancke ich mich; mein, gebt ein baar Ducaten her, es ist ia der Kopf so viel werth.

TULIA. Du hast Recht, der Kopf ist unschätzbahr, darumb solstu auch eine Belohnung haben. Kome herbey. Hanß Wurscht gehet hinzu und sie gibt ihm ein baar Orfeigen. Nun gehe, mit diesen Tringeld kanstu lang auskommen.

HANSS WURSCHT hat seine lazzi, sagt endlich, er glaube es gantz gern, dann dergleichen Mintzen man nirgends annimbt, und also ihm lang verbleiben werde. Will abgehen.

TULIA. Verbleibe, Böswicht, und sage mir, wer es gethan.

HANSS WURSCHT. Es hat es nicht nöthig, es möchte noch mehr Tringelder absetzen.

TULIA. Ich befihle es, verbleibe, oder ich will dir so zutrinken, daß dir Sehen und Hören vergehen soll.

HANSS WURSCHT. Ihr seyd gar zu oblichant, ich nimb schon mit den Empfahenen verlieb; und damit ihr wist, wer es gethan: meines Herrn sein Vatter, der Marcus Antonius. Lebt wohl, Jungfrau Tulia. Lauffet ab.

TULIA. Ô unerhörte Grausambkeit! Barbarischer Marcus Antonius, hastu dich nun ersättiget in den unschuldigen Bluth meines Erzeugers, warumb ersättigestu dich nicht auch in dem Bluth seiner Tochter? Weinet. Ach Vatter, höchst geliebter Vatter, du bist verblichen, und ich lebe noch! Komme doch, angenehmer Todt, vergeselschaffte mich mit denjenigen, der mir über alles in diesen Leben war; aber vergeblichs Bitten, alles verstopfet die Ohren vor meinen Klagen und will, daß ich halb todt zu meiner Ewigen Marter lebe. – Siegbrange nur, tyranischer und blutdürstiger Burgermeister, über daß Haus Ciceronis, befrolocke unsere Zähren, und sofehrne dir dieses noch zu wenig, ersättige deinen Grimm auch an meinen Bluth. – Und du, unverschämbter Lügner, du betrügerischer Julius Antonius, erfreue dich, das du ein schwages Weibesbild also hintergangen. Ist dieses deine geschworne Pflicht, heist dieses die Flucht befördert und daß Leben geschützet? Ô Verräther, ich erkehne nun deine Bosheit, aber der Himmel wird dich bestraffen! Weinet.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 94-96.
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