Scena 6ta.

[101] Terentia.


TERENTIA kniet nieder. Rache! gerechter Kayser, Rache!

AUGUSTUS. Wieder wem?

TERENTIA. Wieder einen Mörder.

AUGUSTUS. Weßen?

TERENTIA. Meines Gemahls.

AUGUSTUS. Wie?

TERENTIA. Marcus Antonius. – –

AUGUSTUS. Der Burgermeister?

TERENTIA. Der Verräther!

AUGUSTUS. Der sonst Preiswürdige?

TERENTIA. Der ietzt Lasterhaffte!

AUGUSTUS. Hat ihn ermordet?

TERENTIA. Grausamer Weise.

AUGUSTUS. Cicero todt?

TERENTIA. Und sein Bluth schreuet Rache.

AUGUSTUS. Stehet auf, unglückseeliche Terentia!

TERENTIA. Nicht ehe, bevor ich Gerechtigkeit erlanget!

AUGUSTUS. Schmerzhafftes Begehren!

TERENTIA. Welches mir den Todt bringet.

AUGUSTUS. Was ist zu thun?

TERENTIA. Die Rache befördern!

AUGUSTUS. Stehet auf, es soll befördert werden. Alsobald, meine Getreue, verfolget ihm auf allen Wegen, dieser hochmütige Verräther soll erfahren, wie sehr er uns beleidiget. Befridiget Euch, wehrte Terentia und gedenket, daß der Lauff seines Lebens vor der Thier gewesßen und also sich hat endten müsßen. Wir wollen Euch unter Unseren Schutz an und aufnehmen, ihr solt, gleich wäret ihr unsere Gemahlin, gehalten werden, und dieses sey Euch genuch.

TERENTIA. Euer May. Gnade ist allzu groß, aber alles dieses schätze ich vor gering, so ich meines Ehgemahls beraubet bin. Ach Cicero, ach Gemahl, verschaffe doch, daß ich dir folge.

CECINA. Man mus sich nicht allzu sehr in der Betrübnus vertieffen,[102] dann es kunt leicht geschehen, daß ein unverhoffter Zufahl sie auch des Lebens berauben kunte.

TERENTIA. Eben dieses wäre mein Verlangen; es wird villeicht ohnedis meine schwage Seel ihren Wohnplatz verlasßen. Komme doch, angenehmer Schatten, und nehme mich zu dir – ach ich sterbe – – Falt in Ohnmacht.

AUGUSTUS. Helffet, sie segnet daß Zeitliche vor unseren Augen! Müseliche Terentia, wir bedauren deinen unglückselichen Standt. Man bringe sie von hinen und gebrauche die beste Medicinen zu ihrer Genesßung, wir selbsten wollen sie in ihrer Grankheit besuchen und mehr als ein Vatter seyn. Man bringet sie weg.

CECINA. (Ihr Unglück gehet mir also zu Hertzen, daß ich mich fast der Thränen nicht enthalten kan.)

SCAURO SCATILIO. Daß ich doch nur die geringste Nachricht von der Flucht Ciceronis gehabt, ich selbsten wolte ihm nebst denen Meinigen begleitet haben.

AUGUSTUS. Es ist nun geschehen, und keiner ist fehig ihn von dem Todt zu erwecken, aber der aufgeblasene Marcus Antonius soll iedermann zum Beyspill nachdrücklich abgestraffet werden. Komet und begleitet uns. Alle ab bis Cecina, welcher hervor gehet, hinten zu.

CECINA. Nunmehro wird meinen Herzen der völlige Sieg über Tuliam verbleiben, weil Marcus Antonius ein Mörder ihres Erzeugers geworden. Ich befrolocke in beederseits Thränen meine Zufriedenheit und werde durch eines anderen Verfolgung ein vollkomener Besitzer so unvergleichlicher Schönheit. – Aber eben komen mir diese verdrüslich! daß ich sie doch nicht ansehen dörffte! Stehet in Gedancken.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 101-103.
Lizenz:
Kategorien: