Scena 11.

[124] Tulia, Scapin.


TULIA. Wer ruffet so sehnlich meinen Nahmen? Himmel waß ist dieses? Geliebter, Cecina, Breutigamb, was ist Euch wiederfahren?

CECINA. Ach ich mus sterben, ich fülle das meine Seele allbereith ihren Wohnblatz verlassen will. Ach Julius, unmitleidentlicher Julius, was hastu gethan?

SCAPIN. Hat Euch der Julius ein Loch per Soecula gemacht? Daß ist ein Schelm; – Herr, wie stets mit der Besoldung, weil euere Seel auf den letzten Füßen tanzt?

TULIA. Backe dich, tumes Gehirn, und trachte villmehr, daß der gottlose Mörder nicht entrine.

SCAPIN. Gleich werde ich gehen, solches bey Hoff kundt machen. Herr, sterbt nicht ehe, bis ich komme, wir haben noch wegen der quadrob zu sprechen. Ab.[124]

TULIA. Ach, mein Geliebter, ist es dem grausamen Böswicht nicht genuch geweßen, daß mein Vatter von seinen lasterhafften Erzeuger ermordet worden, hat Er diesen Übl auch noch den Todt meines Bräutigambs hinbeysetzen müßen? Ist es möglich, daß der Himmel nicht ober deinen Haubt donnere und blitze, und hastu, Jupiter, keine Donnerkeul dieses verfluchte Haubt zu zerschmettern? Ach mir Unglückselichen! Cecina, wehrtestes Leben, ich schwöre, noch heute die Rache für Euch zu fordern.

CECINA. Geliebte Tulia, ich sterbe und will keine Rache, sondern vergebe ihm gantz gerne, weillen ich selbsten die Ursach meines Todtes. Er als ein tapferer Held hat nicht anders könen, als sich meiner Gewalt wiedersetzen; daß ich den Kürzeren gezogen ist dem Verhängnus, nicht aber ihm zuzuschreiben. Darumen, mein Leben, sofehrne ihr noch den mindesten Funcken treuer Liebe in Eueren Busen kochet, bekräfftiget jenes mit einen Schwur, was ich von Euch fordern werde.

TULIA. Begehret, wann auch meinen Todt, so schwöre bey den gerechten Himmel, solches zu halten.

CECINA. Nein, mein Schatz, ihr sollet leben, aber Julio solt ihr verzeihen und die Eheliche Handt reichen, sofehrne ihr verlanget, daß ich glückselich scheiden solte.

TULIA. Wie, Breutigamb? verlanget ihr, daß ich mich mit dem Mörder vermähle?

CECINA. Dieses verlange ich und sodann sterbe ich vergnügt.

TULIA. (Grosmütige Seele!) Er ist aber die Ursach unser beeden Unglück.

CECINA. Und dannoch der würdigste unter denen Römern; wolte nur wünschen, daß ich genesete, seine Freundschafft solt mit der meinen aus Ewig verbunden sein.

TULIA. (Was seltsames und unverhofftes Begehren, welches meine Sinnen dermasßen verwihret, daß ich nicht mehr fehig, mich genuchsam zu fassen; aber wie, Tulia, wirstu wohl könen jenen Schwur vollzihen, so du – –)

CECINA. Tulia lebe wohl, ich scheide von dir. Stirbt.

TULIA. Halte doch ein, unbarmherziger Himmel, meinen Geliebten abzufordern. – Ach, er ist schon verblichen, und ich lebe noch zu meinen Schmerz. Fahre wohl, mein Geliebter, in den Eliseischen Feldern werden unsere Seelen sich vereinigen,[125] weillen es uns allhier nicht vergönet war. Ach, das ich doch nicht geschworen, seine letzte Bitt zu gewehren! Sage an, grausames Geschicke, wie lang wilstu noch deine Grausambkeit an mir verüben? Ist es wohl möglich, daß ich nach so harten und unerhörten Streichen noch Athen zihe? Ach, unmitleidentliche Sterne, worzu habt ihr mich erküsßen? Flüsßet nur, ihr bittere Thränen, und benezet zur Zinsung Ewiger Treue diesen Leichnamb. Ich verlange auch nicht fehrner zu leben. Komme dann, angenehemer Todt, und trücke meine betrübte Augen zu, damit wir iederzeit vergesellschafftet bleiben. – Ach mir! wie, was will dieses sein? ihr Götter helffet, ô wehe, ich vergehe – – – ich sterbe – – – Fahlet auf Cecina in die Ohnmacht.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 124-126.
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