28. Bildung der österreichischen Interparlamentarischen Gruppe

[197] Auf der Rückfahrt von Venedig nach Harmannsdorf hielten wir uns einige Tage in Wien auf.

Schon am ersten Abend trafen wir im Hotel Meißl mit einigen befreundeten Abgeordneten zusammen, und ich erzählte ihnen, noch unter dem begeisterten Eindruck des Erlebten, die ganze Geschichte der Gründung einer Venezianer Friedensgesellschaft durch ein Mitglied der italienischen Kammer. Auch von dem Interparlamentarischen Bund erzählte ich, der sich im Jahre 1888 in Paris gebildet, voriges Jahr in London getagt und sich für dieses Jahr ein Rendezvous in Rom gegeben hätte.

Die Herren lauschten mit Interesse, aber mit sehr skeptischen Mienen. Sich anzuschließen – daran dachte keiner.

In Harmannsdorf machten wir uns wieder fleißig an die Arbeit. Mein Mann verfaßte die kaukasische Erzählung »Schamyl«, und auch ich entwarf den Plan zu einem neuen Roman: »Vor dem Gewitter«. Gemeint war das politische und soziale Gewitter, dessen Wolken sich allenthalben zusammenballen. Die belletristische Arbeit hinderte mich nicht, mich mit der mir so teuern Friedenssache zu beschäftigen, indem ich in reger Korrespondenz mit Hodgson Pratt, Moscheles, Frédéric Passy u.a. blieb. Von Pandolfi erhielt ich die Nachricht, daß er, von seinem Venezianer Erfolg ermutigt, nunmehr mit allem Eifer in der römischen Kammer daran arbeite, ein möglichst zahlreiches Komitee für die Interparlamentarische Konferenz zu werben. Dies gelang ihm glänzend: dreihundert Senatoren und Deputierte zeichneten sich ein. Nun lag ihm besonders viel daran, daß auch in Deutschland und in Oesterreich parlamentarische Komitees sich bilden mögen, um zu der für November angesetzten Konferenz in Rom Vertreter zu entsenden. Er bat mich, falls ich Verbindungen mit österreichischen Parlamentariern habe, in der Sache mitzuwirken. Das war zu Anfang Juni. Welche Schwierigkeiten und welches Zögern[197] der Konstituierung einer österreichischen Gruppe vorausgegangen sind, das geht aus einem Päckchen Briefe hervor, das ich aus jener Zeit aufbewahrt habe. Mit den Briefschreibern hatte ich erst persönlich in der Sache verkehrt (wir waren zu diesem Zweck nach Wien gefahren) und dann schriftlich.

Von Baron Kübeck, dessen Name ich in der Londoner Peace-Association gefunden und der mir daher am geeignetsten schien, die Sache zu fördern, erhielt ich eine sehr ausführliche Antwort, die besonders durch ihre Exkursionen in das Gebiet der auswärtigen Politik – wie sie im Jahre 1891 in unseren politischen Kreisen aufgefaßt wurde – Interesse bietet.


Wien, 11. Juni 1891.


Hochverehrte gnädigste Baronin!


Vor allem bitte ich um gnadenvolle Vergebung wegen der langen Zögerung in Beantwortung Ihres gütigen Schreibens, dessen höchst interessante Beilage ich – nach genommener Abschrift von dem Adreßzirkular (etwa auch an Smolka und Trautmannsdorff zu richten?) dankbarst rückschließe.

Meine jetzt etwas zusammengedrängte Beschäftigung, wohl aber auch die Sondierungsversuche bei einigen hervorragenden Kollegen sind an dieser Verzögerung schuld.

Taking all together, glaube ich bei unseren Parteigrößen sehr wenig Anklang mit unseren – Ihren – großen Ideen zu finden, d.h. in der Theorie wohl, aber kaum in der werktätigen Uebertragung derselben in das praktische Leben.

Hofrat Beer hält es für inopportun und unmöglich, als Vertreter der Parlamentarier nach Rom zu gehen; Professor Sueß ist so eine Art Kriegsmann selbst, trotz seiner Friede atmenden Aeußerungen;3 Bärnreither hält die Sache für gar nicht spruchreif u.s.w. Am meisten Anklang und, wie mir scheint, praktische Würdigung findet die Sache bei einigen gebildeten Polen – warum? –, weil die Leute, kosmopolitisch angehaucht, nicht jenen Kirchturmstandpunkt einnehmen, welcher leider bei unseren deutschen Deputierten die Hauptrolle spielt.

Ich glaube auch dem kosmopolitischen Fahrwasser stark hinzuneigen, was mir auch in den Kreisen meiner engeren politischen Gesinnungsgenossen eine gewisse Fremdartigkeit aufgeprägt hat, und doch – mit Unrecht! Aber never mind, zur Sache:

Das Urteil der Polen, die ich sprach, ist mit dem meinen darin übereinstimmend, daß der gegenwärtige Zustand chauvinistischen Deutschenhasses in Frankreich sowie die von Rußland[198] uns drohende Gefahr, die auf militärische Rüstung in exorbitantem Maße gegründete Tripel- oder sagen wir Doppelallianz auch in den Augen der Bevölkerungen zu einer defensiven Notwendigkeit, zu einer Friedensgarantie macht. Es liegt auch viel Wahres darin, da die Franzosen von heute nicht zu kapazitieren sind und Rußland nur darauf ausgeht, das übrige Europa und Britisch-Indien einst überrumpeln zu können, was bei dessen halbwildem, kriegsbewährtem und kampflustigem Menschenmaterial unschwer realisiert werden kann, wenn eines Tages die Fehler Rußlands durch diejenigen Europas übertroffen sein werden; so wird wohl nichts übrigbleiben, als die endliche Lösung dieses permanenten gordischen Knotens, sei es durch die Mühsal der friedlichen Zerteilung oder durch die Greuel des Krieges abzuwarten.

Doch aber kann und muß dasjenige angestrebt werden, was den endlichen Sieg der Arbitrage vorbereiten kann, und dahin gehören die volkswirtschaftlichen Fragen – Einheit der Zollgebiete, Erleichterung des Eisenbahn- und Schiffahrtsverkehres durch einheitliche Tarife, Wechselseitigkeit des Kreditwesens, der Zirkulationsmittel u.s.w. – Dies wird wenigstens jetzt zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn angestrebt und wohl auf die Schweiz, Belgien, Italien und einige Balkanstaaten ausgedehnt werden. Der Zweck dieser Abmachungen ist wohl auch, die Kriegsrüstungslasten erträglicher zu machen – und das ist etwas.

Ferner müßte dahin gestrebt werden, die Greuel eines Krieges zu verringern, namentlich die Anwendung der Explosivstoffe einigermaßen zu beschränken,4 um die Zerstörungen an Hab und Gut – abgesehen von Menschenleben – nicht außer alles Verhältnis mit dem angestrebten Kriegsziel zu bringen (vide Beschießung von Alexandrien durch Admiral Seymour u.s.w.).

Dafür wollen die polnischen Herren streben, deren einer, Koslowski, mein Kollege im Londoner Cobdenklub ist und auch bei den letzten Friedenskongressen anwesend war. Der zweite Pole wäre Sopowski, der die orientalische Frage wie wenige studiert und sehr anziehend bearbeitet hat; endlich Szepanowski, dessen langjähriger Aufenthalt in England ihn zu einem wahren, echten Kosmopoliten gemacht hat.

Was die Arbitrage betrifft, so werden Sie, gnädigste Baronin, mir zugestehen, daß sich in einer zum Beispiel zwischen Frankreich und Deutschland oder zwischen Rußland und Oesterreich auftretenden großen politischen Frage des Seins oder Nichtseins wohl gar keine Macht finden wird, welche das Schiedsrichteramt übernehmen könnte oder der man es übertrüge – der Papst vielleicht? Ja, die Idee wäre des Kirchenoberhauptes[199] ganz würdig, wird aber das protestantische Deutschland oder das schismatische Rußland sich je einem solchen Schiedsspruche fügen? Ich bezweifle es. Ja, in kleinen Territorialfragen (Luxemburg, Samoainseln, Karolinen u.s.w.) ist eine Unterwerfung unter einen Schiedsrichter von gebührender neutraler Stellung möglich und wahrscheinlich, aber in so weltbewegenden Fragen, wie die erwähnten, wohl nicht so bald, im ersten Jahrtausend wohl nicht.

Das wollte ich Ihnen, gnädigste Baronin, vortragen. Sie wissen, wie sehr ich Sie und Ihr edles Wirken bewundere, anerkenne und so gerne als Ihr treuer Gefolger teilen möchte, aber unsere Zeitgenossen wollen nicht recht mittun, und das muß berücksichtigt werden. Aber der einstweilen zu beachtende Modus, wie ich mir erlaubte, ihn oben zu bezeichnen, dürfte für jetzt erfolgreich sein, und auf diesen möchte ich Ihre Aufmerksamkeit lenken.

Genehmigen Sie u.s.w.

Max Kübeck.


P. S. In Berlin wäre meines Wissens Dr. Barth unser Mann, ich werde ihm schreiben.

Erlauben Sie mir, Ihnen meinen Vortrag über Britisch-Indien zu Füßen zu legen.


Der sozialistische Abgeordnete Pernerstorfer:


Abgeordnetenhaus Wien, 16. Juni 1891.


Hochgeehrte Frau!


Gerne würde ich Ihrer freundlichen Aufforderung, zur Friedenskonferenz nach Rom zu reisen, wenigstens für meine Person nachkommen. Doch ist dies für mich ganz ausgeschlossen, da eine solche Reise, besonders im gegenwärtigen Augenblicke, meine ökonomischen Kräfte überschreitet, zumal ich sie nicht allein, sondern nur in Gesellschaft meiner Frau machen müßte. Es bliebe also, um Ihren Absichten zu entsprechen, übrig, unter den Mitgliedern des österreichischen Abgeordnetenhauses Propaganda für die Konferenz zu machen. Nun nennen Sie allerdings einige Namen, und ich zweifle nicht, daß die von Ihnen genannten Herren warme Freunde der Friedensbestrebungen sind. Doch ist diese Freundschaft gewiß nur eine höchst platonische, die nicht über pathetische Beteuerungen und sentimentale Redensarten hinausgeht. Sie beurteilen das österreichische Parlament offenbar viel zu freundlich – die Gedanken, die dieses Haus beherrschen, sind rein praktischer und häufig sehr egoistischer Natur. Ideale Bestrebungen hält man hier für ideologische, und sittliche Entrüstung wird nicht ernst genommen. Es wäre für eine dichterische Kraft ein reizvoller Vorwurf, in einem politischen Romane der Welt einen Spiegel vorzuhalten. Man würde das häßliche Bild eines in diesem Maße noch nie zur Erscheinung gekommenen Klassenbrutalismus erblicken.[200]

Ich kann also auch in dieser zweiten Richtung nichts tun. Es ist ja möglich, einige Mitglieder des österreichischen Parlaments zu einer Reise nach Rom zu bewegen, bei welcher Gelegenheit sie auch an der Friedenskonferenz teilnehmen müßten. Halten Sie aber das wirklich für einen Gewinn und besonders wünschenswert? –

Ich will diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen, hochverehrte Frau, von Herzen zu danken für die große Freude, die Sie mir, wie so vielen, vielen, durch Ihr herrliches Buch »Die Waffen nieder« bereitet haben. Für solche, die wie ich im öffentlichen Leben stehen, ist ein solches Buch mehr als ein Genuß, es ist ein großer Trost und bedeutet eine Aufrichtung und einen neuen Ansporn.

In tiefster Verehrung Ihr aufrichtig ergebener

Pernerstorfer.


Hier folgen noch zwei Briefe von Abgeordneten:


Abgeordnetenhaus Wien, 23. Juni 1891.


Sehr geehrte Frau Baronin!


Vor allem gestatten Sie mir, Ihnen für Ihre überaus liebenswürdige Ansprache auf das herzlichste zu danken. Baron Kübeck hatte mir schon von Ihren edlen Bestrebungen gesprochen, denen ich ja auch die lebhafteste Sympathie entgegenbringen kann.

Da ich längst mit dem englischen Komitee in Beziehung stehe – sowie ich auch Rugg. Bonghi persönlich näher zu kennen das Vergnügen habe –, so bin ich so ziemlich au courant vom Stand der Dinge. Es hat mich auch immer lebhaft interessiert, die Fälle zu verfolgen, in welchen bei internationalen Streitigkeiten das Arbitrationsprinzip zur Anwendung gelangt ist.

Allerdings läßt sich nicht verkennen, daß der Fortschritt auf diesem Gebiete sich unendlich langsam vollzieht, weshalb es, wenigstens in unserem Kreise, zunächst noch besonders schwer ist, Anhänger für eine Sache zu erwerben, welche heute noch als utopistisch erscheint. Das Gegenargument, das da lautet: Rußland, Frankreich, ist nicht aus der Welt zu schaffen.

Man muß sich deshalb erst darüber klar sein, daß heute im günstigsten Falle nichts mehr zu erreichen sei, als daß vielleicht eine kleine Anzahl von Abgeordneten sich für einen Ausdruck der Sympathie und ferner dazu geneigt zeigt, einen aus ihrer Mitte zu veranlassen, nach Rom zu gehen.

Baron Kübeck und ich werden nicht unterlassen, dies zu versuchen. Ich werde übrigens selbstverständlich nicht unterlassen, mit Baron Pirquet und Pernerstorfer Rücksprache zu nehmen, ebenso mit Graf Coronini.

Habe ich irgend Günstiges zu melden, so werde ich mit Vergnügen berichten, da mir die persönliche Berührung mit Ihnen, Frau Baronin, sei es auch nur auf brieflichem Wege, nur sehr erfreulich sein kann.

In Verehrung

Dr. Jaques.[201]


Der Präsident des Technologischen Gewerbemuseums und Sektionchef Dr. Wilhelm Exner schrieb:


Vöslau, 29. Juni 1891.


Hochverehrte Baronin!


Ihre gütigen Zeilen vom 26. ds. setzen mich einigermaßen in Verlegenheit wie jeder unverhältnismäßig große Lohn, den man doch nicht ablehnen will noch kann. Ich bin sehr überrascht, daß man überhaupt einen Wert darauf legt, wenn ein Politiker, der als solcher eine so bescheidene Rolle spielt, sich jenen beigesellt, welche sich für eine Idee erklären, deren Berechtigung doch von niemand bestritten werden kann. Ich habe schon dem letzten in London abgehaltenen Friedenskongreß meine Zustimmung ausgesprochen; was bedeutet das im Vergleiche zu Ihrer glänzenden schriftstellerischen Propaganda?!!!

Ich werde Ihren Brief einer befreundeten Autographensammlerin, der Fürstin Pauline Metternich, schicken, wenn Sie es gestatten.

Ich beabsichtige, nach Rom zu gehen, wenn es die parlamentarischen Aufgaben gestatten, und verspreche mir davon einen großen persönlichen Gewinn – Ihre Bekanntschaft. – Wenn meine liebenswürdigen Kollegen Pirquet, Kübeck auch nach Rom reisen, so könnten sich diese Tage herrlich gestalten. – Dieses Zukunftsbild ist fast zu schön, um Aussicht auf Realisierung zu bieten.

Für den Augenblick gestatten Sie mir, verehrte Baronin, daß ich Ihnen meinen verbindlichsten und wärmsten Dank für Ihren Brief ausspreche und daß ich mich mit dem größten Vergnügen in den Dienst jener Bestrebung stelle, für welche Ihre Feder einen so wertvollen Faktor darstellt.

Mit besonderer Hochschätzung, Verehrung und Ergebenheit, gnädigste Baronin, Ihr

Exner.


In diese Korrespondenz gehören auch die beiden nachstehenden Briefe des Marquis Pandolfi aus Rom:


I.

Rom, 13. Juni 1891.


Liebe Baronin!


Ich teile Ihnen mit, daß die Abgeordneten Deutschlands geantwortet haben und alle unsere Propositionen annehmen und uns ihren Besuch versprechen. Nur wünschen sie, daß die Konferenz für Anfang November vorgerückt werde.

Es sind also alle Länder dem Rufe gefolgt, mit Ausnahme der Parlamente von Wien und Budapest. Man wird sie poussieren müssen, und das können Sie besser tun als ich, mit Hilfe eines Freundes im Reichsrat.

Ich schicke Ihnen die Abschrift eines Briefes, den ich an[202] die Deutschen gerichtet habe; er kann Ihnen als Muster dienen für das, was Sie Ihren Freunden schreiben wollen, natürlich mit den erforderlichen Abänderungen.

Schließlich bitte ich Sie, mir die Namen der Präsidenten beider Häuser in Wien und Budapest zu nennen. Ich übersende Ihnen unter Extraumschlag die Statuten unseres Komitees, und später, sobald sie gedruckt ist, erhalten Sie die vollständige Liste unseres parlamentarischen Komitees – mehr als dreihundert Mitglieder.

Viel Schönes Ihrem Gatten u.s.w.

B. Pandolfi.


II.

(Ohne Datum.)


Liebe Baronin!


Ich bin auf einige Tage nach Stra gefahren. Sobald ich in die Stadt zurückkomme, erhalten Sie:

Das erste Rundschreiben, das wir an alle unsere Deputierten und Senatoren geschickt haben,

das zweite Rundschreiben, das wir vor einigen Tagen expediert haben.

Baron Kübeck wird es also machen müssen wie ich, wenn er reussieren will:

1. Um den ersten Kern von Abgeordneten zu konstituieren, muß er sich persönlich und einzeln zu den tätigsten und bekanntesten Mitgliedern begeben und ihre Unterschrift zu einer Erklärung verlangen, worin sie der Bildung eines parlamentarischen Komitees zustimmen.

2. Wenn dieser erste Kern gebildet ist (30 oder 40 genügen), eine erste Zusammenkunft abhalten und ein provisorisches Präsidium einsetzen.

3. Dann wird das Präsidium an sämtliche Abgeordneten Einladungen ausschicken, worin die Ziele der Verbindung auseinandergesetzt und vor allem, das nächste Ziel: eine Anzahl von Deputierten zu bestimmen, die gewillt wären, nach Rom zu kommen.

4. Hernach sich für alles übrige mit mir in Verbindung zu setzen.

5. Sobald das Komitee konstituiert und das Präsidium ernannt ist, lassen Sie mich die Namen wissen, und es wird den Herren dann im Namen des ganzen italienischen Komitees geschrieben, um sie zu bitten, nach Rom zu kommen. Die formellen Einladungen und Programme erhalten sie später.

Unterdessen teile ich Ihnen mit, daß auf der letzten Konferenz in London 36 Mitglieder ausländischer Parlamente ernannt wurden mit dem Auftrag, die dritte Konferenz vorzubereiten. Unter diesen 36 Mitgliedern figurieren für Oesterreich: Graf Wilczek, Ritter Bolesta v. Koslowski, und für Ungarn: Graf Apponyi und Dr. Viktor Hagara. Ich habe[203] jedem dieser vier Herren ein Zirkular geschickt, von dem Sie eine Kopie erhalten, sobald ich nach Rom komme; bis jetzt hat aber noch keiner der Herren geantwortet, soviel ich weiß, und das ist nicht ermutigend.

Im allgemeinen, dieses Sechsunddreißigerkomitee hat sich schlecht bewährt und ich glaube, daß in Zukunft die Sache anders geregelt werden muß.

Das beste ist, daß sich in jedem Lande parlamentarische Komitees bilden, in der Weise, wie ich Ihnen oben erklärt habe.

Mit herzlichsten Grüßen u.s.w.

Pandolfi.


Die Interparlamentarische Gruppe in Oesterreich hat sich gebildet und zwar durch den einer wirklichen Ueberzeugung entsprungenen Eifer eines der Abgeordneten, an den sich auf meinen Rat Baron Kübeck – der selbst kein ganz Ueberzeugter war, wie sein Brief beweist – gewendet hatte: Peter Baron Pirquet. Dieser ist dann jahrelang an der Spitze der Gruppe geblieben, hat sie bei allen folgenden Konferenzen mit Talent und Takt vertreten, und seine krönende Tat war die Organisierung der Interparlamentarischen Konferenz in Wien im Jahre 1903. Nachdem die Gruppe konstituiert war, wurden Delegierte für Rom ernannt, darunter Dr. Ruß und Baron Pirquet, und so war die Teilnahme Oesterreichs an der dritten Interparlamentarischen Konferenz gesichert.

3

Hier irrte mein Korrespondent: Professor Sueß denkt nicht anders, als er sich äußert. Eduard Sueß ist einer unserer tiefsten Geister und edelsten Charaktere.

4

»On n'humanise pas la guerre, on la condamne parce qu'on s'humanise«, sagt Frédéric Passy.

Quelle:
Bertha von Suttner: Memoiren, Stuttgart und Leipzig 1909, S. 197-204.
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